Aktuelle BFH-Rechtsprechung zum häuslichen Arbeitszimmer

Vor kurzem hat sich der BFH zur Frage von Arbeitszimmern an zwei Wohnsitzen und zur der  Voraussetzung „kein anderer Arbeitsplatz“ geäußert. Welche Auswirkungen die Urteile in der Praxis haben und welche Gestaltungsmöglichkeiten sich anbieten, wird im Folgenden dargestellt.

1. Nutzung mehrerer Arbeitszimmer führt zu keiner Erhöhung des Abzugshöchstbetrags

Mit Urteil vom 9.5.2017 (VIII 15/15) hat der BFH entschieden, dass der personenbezogene Höchstbetrag in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG i. d. F. des JStG 2010 den Abzug von Aufwendungen eines Steuerpflichtigen auch bei der Nutzung von mehreren häuslichen Arbeitszimmern in verschiedenen Haushalten typisierend auf 1.250 EUR begrenzt.

Der Kläger erzielte Einkünfte aus selbstständiger Arbeit

Der Kläger erzielte im Zusammenhang mit der Durchführung von Seminaren und Fortbildungsveranstaltungen für Steuerberater Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Er unterhielt zwei Wohnsitze. In seiner Gewinnermittlung für das Streitjahr 2009 erfasste er Aufwendungen für die in den zwei Wohnungen genutzten Arbeitszimmer i. H. v. 1.783,05 EUR und 791,28 EUR als Betriebsausgaben. Das FA erkannte lediglich die Kosten für ein Arbeitszimmer an. Mit seiner Revision trug der Kläger vor, dass nach seiner Auffassung die Abzugsbeschränkung objektbezogen ausgestaltet sei, und ihm der gesetzliche Höchstbetrag für jedes Arbeitszimmer zustehe.

BFH: Personenbezogener Höchstbetrag

Der BFH hat in dem Urteil erneut klargestellt, dass es sich bei der Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG für ein häusliches Arbeitszimmer um einen personenbezogenen Höchstbetrag handelt. Dies kann sich positiv oder – wie im vorliegenden Fall – auch negativ für den Steuerpflichtigen auswirken. Nutzen mehrere Steuerpflichtige ein häusliches Arbeitszimmer gemeinsam, kann jeder Nutzende die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer bis zum Höchstbetrag des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG geltend machen. Erforderlich hierfür ist, dass er die Aufwendungen selbst getragen hat und die Voraussetzungen für den Betriebsausgabenabzug in seiner Person erfüllt (BFH, Urteil vom 15.12.2016, VI R 53/12, Haufe Index 10310343).

Negative Auswirkung im entschiedenen Fall

Diese personenbezogene Betrachtungsweise hat sich im vorliegenden Fall für den Steuerpflichtigen negativ ausgewirkt. Zwar ist der Betriebsausgabenabzug nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG nicht auf den Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer beschränkt. Das Wort „ein“ ist nicht als Zahlwort, sondern als unbestimmter Artikel zu verstehen. Jedoch ist der Betriebsausgabenabzug durch den gesetzlichen Höchstbetrag begrenzt, auch wenn der Steuerpflichtige mehrere häusliche Arbeitszimmer nutzt. Dieser personenbezogene Höchstbetrag beschränkt den Abzug der Betriebsausgaben unabhängig von der Zahl der tatsächlich genutzten häuslichen Arbeitszimmer auf 1.250 EUR. Dies gilt auch dann, wenn in einem Veranlagungszeitraum zwei Arbeitszimmer im gleichen Haushalt oder (z. B. durch einen Umzug veranlasst) zeitlich gestaffelt zwei Arbeitszimmer in zwei verschiedenen Haushalten genutzt werden.

Auswirkungen der Entscheidung in der Praxis

Wenn Stpfl. einen gemieteten Wohnsitz und einen Wohnsitz mit Eigenheim haben und in jedem der beiden Wohnsitze ein Arbeitszimmer nutzen, sollten sie in der Steuererklärung für das Arbeitszimmer im Eigenheim als Arbeitnehmer besser keine Werbungskosten geltend machen. Verkaufen sie nämlich das Haus innerhalb der 10-jährigen Spekulationsfrist, wird das Finanzamt für den auf das Arbeitszimmer entfallenden Veräußerungsgewinn Steuern verlangen, weil dieser Raum nicht Wohnzwecken dient (BMF, Schreiben vom 5.10.2000, IV C 3 – S 2256 – 263/00, Tz. 5.2, Haufe Index I448469). Diese „Spekulationsbesteuerung“ wird selbst dann vorgenommen, wenn der Werbungskostenabzug für das Arbeitszimmer auf 1.250 EUR begrenzt ist (FG Münster, Urteil vom 28.8.2003, 11 K 6243/01 E, Haufe Index 1063560).

Praxis-Tipp: Spekulationsbesteuerung verhindern

Wurden dem FA Finanzamt in der Vergangenheit sowohl die Kosten für das Arbeitszimmer in der gemieteten Wohnung als auch im Eigenheim mitgeteilt, kann  die Spekulationsbesteuerung für das Arbeitszimmer im Eigenheim noch verhindert werden, wenn

  • das Eigenheim erst nach Ablauf der Spekulationsfrist veräußert wird, oder
  • das Arbeitszimmer im Eigenheim aufgegeben wird. Wurde das Arbeitszimmer im Jahr des Verkaufs und in den beiden vorangegangenen Jahren privat genutzt, ist für diesen Raum keinen Spekulationsgewinn zu versteuern. Teilen Sie dem Finanzamt am besten schriftlich mit, dass Sie den Raum nicht mehr als Arbeitszimmer nutzen.

Nutzung durch verschiedene Personen an verschiedenen Wohnsitzen

Die BFH-Entscheidung zum 1.250 EUR-Höchstabzugsbetrag für 2 Arbeitszimmer greift dann nicht, wenn jedes der beiden Arbeitszimmer von einer anderen Person genutzt wird. Es ist nämlich bisher schon so, dass Sie zwei Arbeitszimmer in einem Haus steuermindernd geltend machen können, wenn z. B. Ihr Ehepartner eines benötigt (kein anderer Arbeitsplatz) und Sie auch.

Das müsste auch bei zwei Wohnsitzen mit jeweils einem häuslichen Arbeitszimmer zutreffen. Nutzt einer der Partner das Arbeitszimmer an Wohnsitz 1 und der Andere nur das an Wohnsitz 2, müssten Sie für beide Arbeitszimmer jeweils bis zu 1.250 EUR an Werbungskosten geltend machen dürfen.

Praxis-Tipp: Tagebuch führen

Damit das Finanzamt dieser Argumentation jedoch vom Grundsatz her Glauben schenkt, sollten Sie für beide Arbeitszimmer eine Art Tagebuch führen. Vermerken Sie darin, wer das Arbeitszimmer wann zu welchen Zwecken genutzt hat. Dem doppelten Abzug von 1.250 EUR im Jahr dürfte nichts entgegenstehen, wenn aus den Aufzeichnungen klar hervorgeht, dass jeder Partner nur ein Arbeitszimmer nutzt.

Vermietung eines Arbeitszimmers an den Arbeitgeber

Die Vermietung eines der beiden Arbeitszimmer an den Arbeitgeber führt zu folgendem Ergebnis:

  • Für das Arbeitszimmer, das Sie nicht an den Arbeitgeber vermieten, können Sie Werbungskosten bis zum Höchstbetrag von 1.250 EUR abziehen.
  • Für das Arbeitszimmer, das Sie an Ihren Arbeitgeber vermietet haben, erzielen Sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Von den Mieteinnahmen können Sie alle arbeitszimmerrelevanten Ausgaben abziehen und entsprechende Verluste aus Vermietung und Verpachtung geltend machen.

2. Einmal „kein anderer Arbeitsplatz“ reicht für 1.250 EUR-Abzug

In einem Urteil vom 25.4.2017 (VIII R 52/13, Haufe Index 10985131) hat der BFH entschieden, dass der gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG i.d.F. des JStG 2010 geltende Höchstbetrag abziehbarer Aufwendungen in Höhe von 1.250 EUR bei der Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers im Rahmen mehrerer Einkunftsarten nicht nach den zeitlichen Nutzungsanteilen in Teilhöchstbeträge aufzuteilen ist. Er kann durch die dem Grunde nach abzugsfähigen Aufwendungen in voller Höhe ausgeschöpft werden.

Kläger hatte Einkünfte aus nichtselbstständig und selbstständiger Tätigkeit

Der Kläger war im Streitjahr in Vollzeit nichtselbstständig tätig. Daneben erzielte er als Schriftsteller Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Er machte Betriebsausgaben für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe des Höchstbetrags von 1.250 EUR gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i.d.F. des JStG 2010 bei seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit geltend, die das FA im Rahmen der Einspruchsentscheidung insgesamt nicht zum Abzug zuließ. Das FG ließ bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit Betriebsausgaben für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 625 EUR zum Abzug zu.

BFH: Aufwendungen sind aufzuteilen

Die für das häusliche Arbeitszimmer getragenen Aufwendungen sind entsprechend den tatsächlichen Nutzungsanteilen auf die verschiedenen Einnahmequellen und Einkünfte aufzuteilen, unabhängig davon, ob die Aufwendungen im Rahmen dieser Einkunftsart dem Grunde nach abzugsfähig sind.

Der BFH begründet seine Entscheidung damit, dass Aufwendungen fürs häusliche Arbeitszimmer zwar zeitanteilig aufzuteilen und den verschiedenen Einkunftsarten zuzuordnen sind. Es ist aber nicht so, dass der Höchstbetrag – unter Bildung von Teilhöchstbeträgen – auf die verschiedenen Einkunftsarten aufzuteilen ist. Dafür gibt es weder einen gesetzlichen Anhaltspunkt noch einen anderen Grund. Somit ist der Höchstbetrag von 1.250 EUR einerseits nicht mehrfach zu gewähren, wenn ein Arbeitszimmer im Rahmen mehrerer Einkunftsarten genutzt wird, für die jeweils kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Er ist aber auch nicht aufzuteilen und den jeweiligen Nutzungen im Rahmen der verwirklichten Einkunftsarten in Teilhöchstbeträgen zuzuordnen. Die dem Grunde nach abzugsfähigen und auf verschiedene Einkunftsarten entfallenden Aufwendungen können vielmehr insgesamt bis zum Höchstbetrag von 1.250 EUR abgezogen werden, wenn bei einer Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht

Praxis-Tipp: Höchstbetrag wird nicht gekürzt

Nutzen Sie ein häusliches Arbeitszimmer sowohl für eine nichtselbstständige als auch eine selbstständige Tätigkeit, muss Ihnen das Finanzamt den Abzug von 1.250 EUR auch dann gewähren, wenn Sie nur für die selbstständige Tätigkeit den Abzugstatbestand „kein anderer Arbeitsplatz“ erfüllen. Die zeitanteilige Nutzung für die nichtselbstständige Tätigkeit darf sich nicht darin niederschlagen, dass der Höchstbetrag entsprechend gekürzt wird.

 

Quelle:

https://www.haufe.de/steuern/rechtsprechung/Aktuelle-BFH-Rechtsprechung-zum-haeuslichen-Arbeitszimmer_166_421858.html?ecmId=24149&ecmUid=3802870&chorid=00511434&newsletter=news%2FPortal-Newsletter%2FSteuern%2F53%2F00511434%2F2017-08-22%2FTop-News-Aktuelle-BFH-Rechtsprechung-zum-haeuslichen-Arbeitszimmer