Seit dem 1.1.2023 unterliegt die Lieferung und Installation bestimmter Photovoltaikanlagen einem neuen Nullsteuersatz. Nachdem die Finanzverwaltung am 26.1.2023 einen Entwurf eines BMF-Schreibens vorgelegt hatte, ist jetzt die endgültige Fassung des BMF-Schreibens veröffentlicht worden.

Im Vergleich zu dem Entwurf haben sich im  endgültigen BMF-Schreiben v. 27.2.2023 noch einige Veränderungen ergeben. Leider hat die Finanzverwaltung aber nicht die systematisch wenig überzeugende Auffassung zur Entnahme einer Altanlage aus dem Unternehmen geändert.

Die gesetzliche Neuregelung

Erstmals ist in Deutschland durch einen neuen § 12 Abs. 3 UStG ein sog. „Nullsteuersatz“ eingeführt worden, der für Leistungen im Zusammenhang mit bestimmten (kleineren) Photovoltaikanlagen gilt. Die Neuregelung ist für alle Leistungen anzuwenden, die ab dem 1.1.2023 ausgeführt werden.

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Wichtig: Ein Nullsteuersatz unterscheidet sich von der Steuerbefreiung einer Leistung dadurch, dass bei dem leistenden Unternehmer zwar keine Umsatzsteuer entsteht, er aber für alle damit im Zusammenhang stehenden Eingangsleistungen den vollen Vorsteuerabzug beanspruchen kann.

Erfasst werden von der Anwendung des Nullsteuersatzes die folgenden Leistungen nach § 12 Abs. 3 UStG:

  • Die Lieferung der Solarmodule einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage notwendigen Komponenten sowie von Speichern, die den erzeugten Strom speichern können, an den Betreiber der Photovoltaikanlage, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird.
  • Der innergemeinschaftliche Erwerb der begünstigten Gegenstände.
  • Die Einfuhr der begünstigten Teile.
  • Die Installation der Anlagen und Speicher für die begünstigten Anlagen.

Die Absenkung des Steuersatzes auf 0 % gilt nur für die Leistungen gegenüber dem Betreiber der Photovoltaikanlage. Die Lieferungen der Hersteller, Großhändler oder Einzelhändler an Personen, die nicht Betreiber der Photovoltaikanlage sind, unterliegen weiterhin dem Regelsteuersatz.

Weitere Voraussetzung ist, dass ein Zusammenhang mit der Privatwohnung, Wohnungen oder öffentlichen Gebäuden besteht. Allerdings gelten diese Voraussetzungen (fiktiv) als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Anlage nicht mehr als 30 kW (peak) nach dem Marktstammdatenregister beträgt.

Ziel der Regelung

Ziel der Regelung ist insbesondere die Verwaltungsvereinfachung, da Anlagenbetreiber – soweit sie nicht noch anderweitig unternehmerisch tätig sind – für die Neuanlagen (ab 1.1.2023) die Kleinunternehmerbesteuerung (§ 19 UStG) in Anspruch nehmen werden. Bisher wurde in diesen Fällen – obwohl meist die Umsatzgrenzen für die Kleinunternehmerbesteuerung eingehalten wurden – auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung verzichtet, um den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb der Photovoltaikanlage zu erhalten.

Der Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung soll danach für Anlagen ab dem 1.1.2023 nicht mehr notwendig sein, wenn dem Unternehmer keine Umsatzsteuer aus der Anschaffung der Anlage berechnet wird. Damit sollen im Gleichklang mit dem Ertragsteuerrecht diese Anlagen aus der Besteuerung weitestgehend herausgehalten werden.

Entnahme von Strom

Neben dieser eher bürokratischen Vereinfachung kommt es für die ab dem 2023 angeschafften Anlagen aber in den Fällen, in denen erzeugter Strom für private Zwecke verwendet wird, zu einem positiven wirtschaftlichen Effekt, da der für private Zwecke entnommene Strom nicht mehr der Umsatzbesteuerung unterliegt.

Wichtig: Bisher führte die Entnahme von Strom aus einer dem Unternehmen zugeordneten Photovoltaikanlage zu einer fiktiv gegen Entgelt ausgeführten Lieferung, wenn der Unternehmer aus der Anlage den Vorsteuerabzug hatte (§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG). Dies gilt für die Altanlagen auch weiterhin.

Zeitpunkt für maßgeblichen Steuersatz

Im Regelfall liegt bei der Installation einer Photovoltaikanlage eine Werklieferung (§ 3 Abs. 4 UStG) vor, die mit Abnahme der Leistung ausgeführt ist. Zu diesem Zeitpunkt ist der maßgebliche Steuersatz für die Leistung festzustellen. Wenn die Leistung erst nach dem 31.12.2022 ausgeführt und abgenommen wird, entsteht eine Umsatzsteuer von 0 %. Soweit schon im Jahr 2022 Anzahlungen (Vorauszahlungen) vereinnahmt wurden, die dem Steuersatz von 19 % unterworfen wurden, muss dies im Zeitpunkt der Ausführung der Leistung (§ 27 Abs. 1 UStG) korrigiert werden. Dies gilt entsprechend für den Leistungsempfänger für einen evtl. vorgenommenen Vorsteuerabzug.

Soweit die Lieferung der Solarmodule und die Installation der Anlage von unterschiedlichen Unternehmern ausgeführt werden, liegen unterschiedliche Leistungen vor, die jeweils eigenständig zu betrachten sind – so kann es für die Lieferung der Solarmodule im Jahr 2022 noch zur (endgültigen) Entstehung von Umsatzsteuer von 19 % kommen und die davon zu trennende Installation in 2023 dann dem Nullsteuersatz unterliegen.

Die neue Anweisung des BMF

Es handelt sich um die  endgültige Fassung eines BMF-Schreibens, das die Finanzverwaltung in einer Entwurfsfassung am 26.1.2023 veröffentlicht hatte. In der endgültigen Fassung sind noch einige Veränderungen vorgenommen worden.

Die Finanzverwaltung führt mit diesem Schreiben einen neuen Abschn. 12.18 UStAE ein.

Tipp der Redaktion: In der Praxis werfen die Neuregelungen eine Vielzahl von Fragen auf. Antworten werden im  Online-Seminar „Besteuerung von Photovoltaikanlagen: Alles auf Neustart!“ am 05.04.2023 gegeben.

Das vom BMF veröffentlichte Schreiben zur Anwendung des sog. Nullsteuersatzes für Photovoltaikanlagen ist in zwei Bereiche untergliedert:

  • Zuerst stellt die Finanzverwaltung neben einer kurzen Einführung insbesondere die Folgen für die unentgeltliche Wertabgabe aus einer Photovoltaikanlage sowohl für die Altanlagen (Lieferung bis 31.12.2022) und für die Neuanlagen (Lieferung ab dem 1.1.2023) dar. Hintergrund dafür dürfte sein, dass z. T. in der bisher veröffentlichten Literatur dazu unterschiedliche Aussagen getroffen wurden.
  • In einem zweiten Teil werden dann Änderungen und Ergänzungen im UStAE vorgenommen, die wichtige Einzelfragen im Zusammenhang mit der Neuregelung beantworten.

Unentgeltliche Wertabgaben

Für die Photovoltaikanlagen, die bis zum 31.12.2022 geliefert (abgenommen) wurden und für die der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG geltend gemacht hat, muss der private Verbrauch von Strom nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b UStG der Besteuerung als Lieferung gegen Entgelt unterworfen werfen. Die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe erfolgt systematisch, um den Vorsteuerabzug entsprechend auszugleichen. Zutreffend stellt die Finanzverwaltung fest, dass bei den Anlagen, die ab dem 1.1.2023 geliefert wurden, für einen solchen systematischen Ausgleich eines vorherigen Vorsteuerabzugs keine Notwendigkeit besteht. Selbst wenn der Leistungsempfänger die Kleinunternehmerbesteuerung nicht anwendet oder nicht anwenden kann, kommt es in diesen Fällen nicht zu einer Besteuerung einer Wertabgabe.

Wichtig: Die Finanzverwaltung gibt für dieses Ergebnis als Rechtsgrundlage an, dass „die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG nicht vorliegen“. Gesetzlich ist dies aus § 3 Abs. 1b Satz 2 UStG abzuleiten, da eine Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe (als Lieferung) nur dann erfolgen kann, wenn der Gegenstand oder seine Bestandteile ganz oder teilweise einen Vorsteuerabzug zugelassen hatten. Kommt der Nullsteuersatz nach § 12 Abs. 3 UStG zur Anwendung kann sich kein Vorsteuerabzug (auch nicht im Rahmen einer Fiktion) ergeben, sodass es nicht zur Besteuerung einer unentgeltlichen Ausgangsleistung kommen kann.

Auch die Entnahme oder unentgeltliche Übertragung einer Anlage kann zu umsatzsteuerrechtlichen Folgen i. S. d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 3 UStG führen. In diesen Fällen ist ebenfalls zwischen Altanlagen und Neuanlagen zu unterscheiden.

  • Bei den Neuanlagen – Anlagen, die ab dem 1.1.2023 erworben wurden – führt die Entnahme oder unentgeltliche Lieferung nicht zu einem steuerbaren Umsatz, da kein Vorsteuerabzug (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG) erfolgt war.
  • Bei den Altanlagen – Anlagen, die bis zum 31.12.2022 erworben wurden – führt eine entgeltliche wie auch unentgeltliche Veräußerung zu einem steuerbaren Umsatz, der dann aber nach § 12 Abs. 3 UStG einem Steuersatz von 0 % unterliegt, wenn es sich dem Grunde nach um eine begünstigte Anlage handelt und die Leistung ab dem 1.1.2023 an den Betreiber ausgeführt wird.
Wichtig: Zu beachten ist dabei aber, dass sowohl die entgeltliche als auch unentgeltliche Übertragung zumindest in den Fällen, in denen der Erwerber weiterhin Strom einspeist und damit als Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens tätig wird, als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG – dies gilt sowohl für entgeltlich als auch für unentgeltliche Vorgänge) anzusehen ist. In diesen Fällen tritt der Erwerber in die Rechtsposition des Veräußerers ein – auch für Zwecke der Vorsteuerberichtigung (§ 15a Abs. 10 UStG).  Wenn dann der Erwerber bei den Altanlagen – anders als der Veräußerer – die Kleinunternehmerbesteuerung anwendet, muss innerhalb des maßgeblichen Vorsteuerberichtigungszeitraums eine Vorsteuerberichtigung (§ 15a Abs. 7 UStG) vorgenommen werden.

Bei den Altanlagen (Anschaffung/Abnahme bis zum 31.12.2022) verbleibt es weiterhin bei der Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe („Eigenverbrauch“), soweit Strom für nichtunternehmerische Zwecke verwendet wird. Die Entnahme einer solchen Altanlage führt zu einem steuerbaren Umsatz, der dann aber nach § 12 Abs. 3 UStG einem Steuersatz von 0 % unterliegt, wenn es sich dem Grunde nach um eine begünstigte Anlage handelt und die Leistung ab dem 1.1.2023 an den Betreiber ausgeführt wird.

Problematisch ist die Aussage der Finanzverwaltung, dass eine Entnahme der (gesamten) Anlage nur möglich ist, wenn zukünftig voraussichtlich mehr als 90 % des erzeugten Stroms für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden. Hiervon ist auszugehen, wenn der Betreiber beabsichtigt, zukünftig mehr als 90 % des mit der Anlage erzeugten Stroms für unternehmensfremde Zwecke zu verwenden. Davon ist aus Vereinfachungsgründen insbesondere auszugehen, wenn ein Teil des mit der Photovoltaikanlage erzeugten Stroms z. B. in einer Batterie gespeichert wird. Ausreichend ist auch, wenn eine Rentabilitätsrechnung eine Nutzung für unternehmensfremde Zwecke von über 90 % nahelegt. Die Entnahme nur eines Teils einer ursprünglich zulässigerweise dem Unternehmen zugeordneten PV-Anlage soll nicht in Betracht kommen.

Änderung des UStAE: Geschäftsveräußerung im Ganzen

Die Finanzverwaltung hat an verschiedenen Stellen den UStAE ergänzt und hat insbesondere einen neuen Abschn. 12.18 UStAE eingeführt, der insgesamt 10 Absätze umfasst. In einem neuen Abschn. 1.5 Abs. 10 UStAE werden Hinweise dazu aufgenommen, dass der Verkauf oder die unentgeltliche Übertragung einer Photovoltaikanlage unter den weiteren Bedingungen zu einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung führt. Der Erwerber tritt dann an die Stelle des Veräußerers.

Hinweis: Eine Gestaltung für die Altanlagen, die vor dem 1.1.2023 erworbene Anlage an einen Ehepartner zu veräußern und dann bei dem erwerbenden Ehepartner die Kleinunternehmerbesteuerung anzuwenden, führt deshalb zu erheblichen steuerlichen Nachteilen. Die Veräußerung würde als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung zwar keine Umsatzsteuer auslösen, der Erwerber tritt aber in die Rechtsposition des Veräußerers ein, sodass sich durch den Wechsel zur Kleinunternehmerbesteuerung eine Änderung der Verhältnisse i. S. d. § 15a Abs. 7 UStG ergibt.

Änderung des UStAE: Unentgeltliche Wertabgaben

Abschn. 3.2 UStAE wird um einen neuen Abs. 3 ergänzt, in dem die Finanzverwaltung die Rechtsfolgen einer unentgeltlichen Wertabgabe darstellt. Dabei ist zwischen Altanlagen und Neuanlagen zu unterscheiden:

  • Altanlage: War der Betreiber der Anlage (Unternehmer) beim Erwerb der Anlage ganz oder teilweise zu einem Vorsteuerabzug berechtigt   (bei Lieferung der Anlage bis zum 31.12.2022), unterliegt auch weiterhin die private Nutzung des Stroms, aber auch die Entnahme oder jede andere Änderung (soweit nicht als Geschäftsveräußerung nicht steuerbar) der Umsatzsteuer. Unter den weiteren Voraussetzungen kann dann aber nur für die Lieferung der Anlage, nicht für die Lieferung des Stroms – auch wieder der „neue“ Nullsteuersatz zur Anwendung kommen. Eine Entnahme des gesamten Gegenstands ist nur dann möglich, wenn zukünftig voraussichtlich mehr als 90 % des Gegenstands für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden. Die Entnahme nur eines Teils eines ursprünglich zulässigerweise dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands ist danach nicht möglich.
  • Neuanlage: War der Betreiber der Anlage (Unternehmer) beim Erwerb nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, ist sowohl die unentgeltliche Wertabgabe von Strom („Eigenverbrauch“) als auch die Entnahme kein steuerbarer Umsatz.

Änderung des UStAE: Nullsteuersatz

In einem neuen Abschn. 12.18 UStAE werden die Anwendungsgrundsätze für den neuen Nullsteuersatz nach § 12 Abs. 3 UStG dargestellt:

Lieferung einer Photovoltaikanlage

Begünstigt ist die Lieferung der Photovoltaikanlage ab dem 1.1.2023.

Zu beachten ist, dass auch hier die Nebenleistungen das Schicksal der Hauptleistung teilen. Zu den Nebenleistungen der Lieferung der Photovoltaikanlage zählen u. a. die Übernahme der Anmeldung in das MaStR, die Bereitstellung von Software zur Steuerung und Überwachung der Anlage,  die Montage der Solarmodule, die Kabelinstallationen, die Lieferung und der Anschluss des Wechselrichters oder des Zweirichtungszählers, die Lieferung von Schrauben und Stromkabeln und die Herstellung des AC-Anschlusses, soweit dies von einem Unternehmer gegenüber dem Betreiber geschuldet wird. Aber auch die Bereitstellung von Gerüsten, Lieferung von Befestigungsmaterial, Erneuerung des Zählerschranks, wenn dies vom Netzbetreiber gefordert oder für den Betrieb der PV-Anlage notwendig ist.

Die Vermietung einer Photovoltaikanlage stellt keine Lieferung dar und ist deshalb nicht begünstigt.

Wichtig: Abgrenzungsprobleme können sich bei Leasing- oder Mietkaufverträgen ergeben. In diesen Fällen ist nach den allgemeinen umsatzsteuerrechtlichen Regelungen – die nicht den ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen entsprechen – zu prüfen, ob es sich um eine Lieferung (Verschaffung der Verfügungsmacht) oder um eine sonstige Leistung (Vermietungsleistung) handelt. Eine Lieferung setzt in diesen Fällen grds. voraus, dass der Betreiber eine Kaufoption hat, den Verkehrswert der Anlage einschließlich der Finanzierungskosten gezahlt hat und bei Ausübung der Kaufoption zusätzlich keine erhebliche Summe mehr entrichten muss (vgl. dazu auch Abschn. 3.5 Abs. 5 UStAE).

Handelt es sich im Einzelfall bei einem Miet- oder Leasingfall um die Lieferung einer Photovoltaikanlage, unterliegt diese ab dem 1.1.2023 dem Nullsteuersatz nach § 12 Abs. 3 UStG. Es muss aber beachtet werden, dass regelmäßig in den monatlichen Miet- oder Leasingraten auch Teile für eigenständige Serviceleistungen enthalten sind (z. B. Wartungsarbeiten, die Einholung von behördlichen Genehmigungen, die Versicherung der Photovoltaikanlage).

In diesen Fällen muss eine Aufteilung in die dem Nullsteuersatz unterliegenden Entgeltanteile für die Anlage und die dem Regelsteuersatz unterliegenden weiteren Leistungen vorgenommen werden. Soweit keine sachgerechte Aufteilung im Vertrag vorgenommen wird, soll eine Aufteilung nach einer internen Kalkulation vorgenommen werden. Es wird aber von der Finanzverwaltung im Rahmen einer Vereinfachungsregelung nicht beanstandet, wenn der Unternehmer von den Miet- oder Leasingentgelten pauschalierend ein Verhältnis von 90 % für die Überlassung der Photovoltaikanlage und 10 % für die eigenständigen Serviceleistungen ansetzt. In dem Entwurf des BMF war an dieser Stelle noch von einer Aufteilung von 80:20 ausgegangen worden.

Eine Klarstellung hat die Finanzverwaltung zu den sog. „Bauträgerfällen“ vorgenommen (Abschn. 12.18 Abs. 1 Satz 5 und 6 UStAE): Dem Nullsteuersatz unterliegen grundsätzlich auch die Lieferungen von sog. Aufdachanlagen durch Bauträger. Dies gilt auch, wenn der Bauträger neben der Aufdachanlage auch das Gebäude liefert, da die Lieferung der Aufdachanlage hierzu eine eigenständige Leistung und keine unselbstständige Nebenleistung darstellt.

Betreiber einer Photovoltaikanlage

Unter den Nullsteuersatz nach § 12 Abs. 3 UStG kann nur die Lieferung an den Betreiber der Photovoltaikanlage fallen. In der Lieferkette vorausgehende Lieferungen unterliegen dem Regelsteuersatz. Betreiber sind die natürlichen Personen, juristischen Personen oder Personenzusammenschlüsse, die dem Grunde nach zum Leistungszeitpunkt als Betreiber im MaStR (Marktstammdatenregister) registrierungspflichtig sind oder voraussichtlich registrierungspflichtig werden.

Hinweis: Für die voraussichtliche Registrierung genügt es, wenn die Anlage unmittelbar an das Stromnetz angeschlossen werden soll – auf eine tatsächliche Einspeisung oder Förderung nach dem EEG kommt es nicht an. Auch die Unternehmereigenschaft des Betreibers ist nicht Voraussetzung für die Anwendung des Nullsteuersatzes.

Die tatsächliche Registrierung im MaStR (z. B. im Falle von Steckersolargeräten, sog. Balkonkraftwerke) ist für die Betreibereigenschaft nicht maßgeblich.

Besteht keine Registrierungspflicht im MAStR, ist aus Vereinfachungsgründen davon auszugehen, dass der Leistungsempfänger Betreiber der Photovoltaikanlage ist. Nachträgliche Änderungen in der Person des Betreibers sollen unerheblich sein.

Belegenheitsvoraussetzungen

Die Begünstigung setzt voraus, dass die Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen oder bestimmten öffentlichen Gebäuden, die dem Gemeinwohl dienen, errichtet ist. Dabei sind die folgenden Punkte zu beachten:

  • Wohnung/Privatwohnung ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird (auch auf Freizeitgrundstücken, z. B. Lauben – auf Wohnwagen oder Wohnschiffen nur, wenn sie nicht oder nur gelegentlich fortbewegt werden).
  • Öffentliche und andere Gebäude, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, liegen vor, wenn das jeweilige Gebäude für steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 11b, 14 -18, 20-25, 27 und 29 oder § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG oder für hoheitliche Tätigkeiten verwendet wird.

In der Nähe eines begünstigten Gebäudes ist eine Photovoltaikanlage errichtet, wenn sie auf dem Grundstück installiert ist (z. B. auf der Garage, Gartenschuppen) oder ein räumlicher oder funrktionaler Nutzungszusammenhang (z. B. einheitlicher Gebäudekomplex oder einheitliches Areal) besteht. Auch Container können den für die Anwendung des Nullsteuersatzes erforderlichen Gebäudebegriff erfüllen, soweit die übrigen Voraussetzungen vorliegen (z. B. Schulcontainer, die für hoheitliche Tätigkeiten, etwa zur Auslagerung von Schulklassen wegen Sanierungsarbeiten, genutzt werden). Die Frage des Zusammenhangs mit einem „begünstigten Gebäude“ ist aber nur relevant, wenn es sich um eine Photovoltaikanlage von mehr als 30 kW (peak) handelt.

Besonderheiten bestehen bei PV-Anlagen, die auf Gebäuden errichtet werden, die sowohl für begünstigte als auch für nicht begünstigte Zwecke verwendet werden (z. B. auf einem sowohl gewerblich als auch für Mietwohnzwecke genutzten Gebäude). Es ist in diesen Fällen von einem grundsätzlich begünstigten Gebäude auszugehen. Dies soll nur dann nicht gelten, wenn die unschädliche Nutzung eindeutig hinter der schädlichen Nutzung zurücktritt (z. B. Hausmeisterwohnung in einem Gewerbekomplex) oder wenn die unschädliche Nutzung weniger als 10 % der Gesamtgebäudenutzfläche beträgt. Hier war die Finanzverwaltung im Entwurf des BMF-Schreibens noch davon ausgegangen, dass die Beurteilung nach der überwiegenden Nutzung erfolgen sollte.

Vereinfachungsregelung

Beträgt die installierte Bruttoleistung der Anlage nicht mehr als 30 kW (peak) nach dem MaStR gelten die Voraussetzungen des Zusammenhangs mit einem begünstigten Gebäude als erfüllt (Fiktion). In diesem Fall kommt es nicht darauf an, an oder in der Nähe welchen Gebäudes die Anlage errichtet wird. Die Fiktion erstreckt sich aber nicht auf die Betreibereigenschaft des Leistungsempfängers.

Wichtig: Damit unterliegt auch eine Photovoltaikanlage auf einem Werkstattgebäude etc. dem Nullsteuersatz, wenn die Anlage nicht mehr als 30 kW (peak) hat. Die Grenze ist jeweils einheitenbezogen zu prüfen. Im Entwurf des BMF war hier noch von einer anlagenbezogenen Prüfung ausgegangen worden.

Erfolgt eine nachträgliche Erweiterung einer Photovoltaikanlage, ist die Leistung der bestehenden Einheit mit der der Erweiterung zu addieren. Wird die 30 kW-Grenze durch die Erweiterung überschritten, ist die Vereinfachungsregelung auf den nachträglich ergänzten Teil nicht anwendbar. Für den bereits bestehenden Teil führt dies jedoch nicht zur nachträglichen Nichtanwendbarkeit der Vereinfachungsregelung.

Erfolgt keine Eintragung ins MaStR, ist die Vereinfachungsregelung nicht anwendbar, in bestimmten Fällen kann es hier aber auch zu weiteren Vereinfachungen kommen (s. unten unter „Solarmodule und Speicher“).

Nachweis

Der Unternehmer, der den Nullsteuersatz anwendet, muss die entsprechenden Voraussetzungen nachweisen. Dies gilt nicht nur für die Lieferung der Anlage, sondern entsprechend auch für nachträgliche Lieferungen von Speichern, wesentlichen Komponenten und Ersatzteilen. Ausreichend für den Nachweis ist es, wenn der Erwerber erklärt, dass

  • er Betreiber der Photovoltaikanlage ist und
  • es sich entweder um ein begünstigtes Gebäude handelt oder die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut MaStR nicht mehr als 30 kW (peak) beträgt oder betragen wird.

Die Erklärung kann sich auch aus dem Vertrag ergeben.

Solarmodule und Speicher

Dem Nullsteuersatz unterliegen netzgebundene Anlagen und nicht-netzgebundene Anlagen (Off-Grid-System; ist nicht an das öffentliche Netz angeschlossen), wenn sie stationär betrieben werden (sog. Inselanlagen).

Aus Vereinfachungsgründen ist davon auszugehen, dass Solarmodule mit einer Leistung ab 300 Watt für netzgekoppelte oder stationäre Inselanlagen eingesetzt werden. Im Entwurf des BMF war hier noch von 500 Watt ausgegangen worden. Beträgt die Leistung der Photovoltaikanlagen nicht mehr als 600 Watt, entfällt die besondere Nachweispflicht, dass es sich um eine begünstigte Anlage handelt; auch die Betreibereigenschaft des Leistungsempfängers wird unterstellt. Dies aber gilt nicht für Lieferungen durch Hersteller von Photovoltaikanlagen und Lieferungen im Großhandel. Stationäre Solarmodule, die neben der Stromerzeugung weitere unbedeutende Nebenzwecke erfüllen, sind ebenfalls begünstigt (z. B. Solartische). Ebenso sind Hybridmodule (produzieren sowohl Strom als auch Warmwasser) begünstigt.

Batterien und Speicher unterliegen dem Nullsteuersatz, wenn sie im konkreten Anwendungsfall ausschließlich zum Speichern von Strom aus begünstigten Anlagen bestimmt sind. Nachträgliche Änderungen der Nutzung von Batterien und Speicher sind unerheblich.

Wesentliche Komponenten

Dem Nullsteuersatz unterliegen seit dem 1.1.2023 auch „wesentliche Komponenten“. Dies sind Gegenstände, deren Verwendungszweck speziell im Betrieb oder der Installation von Photovoltaikanlagen liegt oder die zur Erfüllung technischer Normen notwendig sind. Auch. Auch die Lieferung einzelner dieser „wesentlichen Komponenten“ unterliegt dem Nullsteuersatz, wenn die Anlage die allgemeinen Voraussetzungen erfüllt.

Als wesentliche Komponenten zählt die Finanzverwaltung:

  • Wechselrichter,
  • Dachhalterung,
  • Energiemanagement-System,
  • Solarkabel,
  • Wieland-Steckdose (Einspeisesteckdose),
  • Funk-Rundsteuerungsempfänger,
  • Backup-Box und
  • der Notstromversorgung dienende Einrichtungen.

Keine wesentlichen Komponenten sind Zubehör (z. B. Schrauben, Nägel und Kabel), auch wenn es für die Installation der Anlage notwendig ist. Soweit aber dem Grunde nach nicht wesentliche Komponenten im Rahmen eines einheitlichen Umsatzes verwendet werden, liegt eine einheitliche Leistung vor, die dem Nullsteuersatz unterliegt.

Installation einer Photovoltaikanlage

Auch die Installation einer dem Grunde nach begünstigten Anlage unterliegt ab dem 1.1.2023 dem neuen Nullsteuersatz nach § 12 Abs. 3 UStG. Dazu gehören alle photovoltaikanlagenspezifischen Arbeiten, die ausschließlich dazu dienen, die Anlage sicher zu betreiben (z. B. Elektroarbeiten). Auch diese Leistungen müssen direkt gegenüber dem Betreiber erbracht werden; Leistungen von Subunternehmern an andere Handwerker unterliegen damit der Regelbesteuerung. Hier kann es aber zur Anwendung der Reverse-Charge-Regelung nach § 13b Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 UStG kommen.

Arbeiten, die auch anderen Stromverbrauchern oder Stromerzeugern oder anderen Zwecken zugutekommen (z. B. Erweiterung des Zählerschrankes, Bodenarbeiten, Dacharbeiten), unterliegen nicht dem Nullsteuersatz. Wenn aber von einem Unternehmer im Rahmen einer einheitlichen Leistung eine Photovoltaikanlage errichtet wird und auch eine zum Betrieb notwendige Erweiterung des Zählerschranks durchgeführt wird, liegt eine einheitliche Leistung vor, die insgesamt dem Nullsteuersatz nach § 12 Abs. 3 UStG unterliegt.

Konsequenzen für die Praxis

Die Regelung war nach der Gesetzesbegründung des Jahressteuergesetzes 2022 als Vereinfachungsregelung gedacht. Unternehmer, die nur eine Photovoltaikanlage betreiben, sollten dazu gebracht werden, zukünftig die Kleinunternehmerbesteuerung anzuwenden und nicht wegen eines Vorsteuerabzugs aus der Anschaffung der Anlage auf die Anwendung des § 19 UStG zu verzichten.

Es ergeben sich für die Neuanlagen ab dem 1.1.2023 aber auch wirtschaftliche Vorteile, da der Eigenverbrauch des dezentral genutzten Stroms im Ergebnis keiner Umsatzsteuer mehr unterliegt – damit findet im Ergebnis ein unbesteuerter inländischer Endverbrauch statt. Ob dies ein gewolltes Ergebnis ist, nur hingenommen wurde oder gar nicht bedacht wurde, ist unerheblich, da sich nach den derzeitigen systematischen Regelungen keine andere Lösung ergibt.

Betreiber von „Neuanlagen“ im Vorteil

Damit sind die Betreiber von „Neuanlagen“ gegenüber den Betreibern von „Altanlagen“ wirtschaftlich im Vorteil. Betreiber von Altanlagen sollten aber vorsichtig sein, vorschnell Änderungen vorzunehmen (z. B. Übertragung an nahestehende Person).

Entnahme der Altanlagen

Ob die Finanzverwaltung aber mit ihrer restriktiven Haltung bezüglich der Entnahmemöglichkeit der Altanlagen aus dem Unternehmen systematisch richtig liegt, kann bezweifelt werden. Leider hat sie es versäumt, ihre schon im Entwurf des BMF-Schreibens eingenommene Haltung trotz detailliert vorgetragener Bedenken anzupassen.

Zum einen besteht für die Sichtweise der Finanzverwaltung keine systematische oder gesetzliche Grundlage – bei Gegenständen, die sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch genutzt werden, besteht ein Zuordnungswahlrecht, dann muss auch ein Entnahmewahlrecht bestehen. Wenn dann die Entnahme dem Nullsteuersatz unterliegt, ist dies systematisch hinzunehmen. Bisher war es in der Vergangenheit auch kein „Problem“, wenn ein Gegenstand beim Kauf z. B. 16 % Vorsteuer auslöste, bei einer Entnahme aber zu 19 % Umsatzsteuer führte.

Hinweis: Es besteht auch keine „moralische“ oder wirtschaftliche Begründung für die Sichtweise der Finanzverwaltung – ob einem Unternehmer „null“ Umsatzsteuer berechnet wird oder ihm 19 % Umsatzsteuer berechnet wurde, die er als Vorsteuer abgezogen hat, ist wirtschaftlich identisch. Insoweit wäre die Entnahme einer Altanlage mit einer „Nullsteuer“ auch kein Steuergeschenk, sondern lediglich die wirtschaftliche Gleichstellung von Alt- und Neuanlagen.

Die Besteuerung der Entnahme einer Altanlage – und dies wird jeden Betreiber betreffen, der in den letzten 5 Jahren die Anlage erworben hat und deshalb nicht in die Kleinunternehmerbesteuerung wechseln kann – wird von den Gerichten zu klären sein, die Finanzverwaltung hat hier unnötigerweise eine Chance vertan.

Sog. „Bauträgerfälle“

Systematisch zu hinterfragen ist auch die Aussage der Finanzverwaltung zu den sog. „Bauträgerfällen“, die sie noch in das endgültige Schreiben mit aufgenommen hat. Die Finanzverwaltung stellt hierzu fest, dass die Lieferung der Aufdachanlage zu der Lieferung des Gebäudes eine eigenständige Leistung und keine unselbstständige Nebenleistung darstellt.

Dies lässt sich zumindest nicht so richtig in Einklang mit der erst von der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben v. 20.10.2022, BStBl 2022 I S. 1497, zur Frage der Vorsteueraufteilung getroffenen Aussage bringen, dass die Kosten für die Photovoltaikanlage unter den Voraussetzungen des Abschn. 15.17 Abs. 6 UStAE Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Gebäudes darstellen. Es ist zumindest diskussionswürdig, wenn zwischen denselben Vertragsparteien bei dem leistenden Unternehmer zwei getrennte Leistungen vorliegen sollen, beim Leistungsempfänger es aber zu einheitlichen AHK führen soll.

Anwendung der Grundsätze

Die Grundsätze des vorliegenden BMF-Schreibens sind in allen Fällen ab dem 1.1.2023 anzuwenden. Zu beachten ist, dass es weder auf die Rechnungstellung, die Auftragserteilung, die Zahlung o. ä. ankommt. Sind bis im Jahr 2022 schon Anzahlungen geleistet worden, ist die Leistung aber erst ab dem 1.1.2023 ausgeführt worden, ist eine Umsatzsteuer aus einer Anzahlung anzurechnen.

Im Regelfall wird bei der Installation einer Photovoltaikanlage der Auftrag an einen Unternehmer erteilt werden – in diesem Fall liegt eine Werklieferung (§ 3 Abs. 4 UStG) vor, die mit Abnahme der Anlage ausgeführt wird.

Eine (kleine) Nichtbeanstandungsregelung hat die Finanzverwaltung aber noch für die Fälle der als Lieferung anzusehenden Miet- oder Leasingverträge aufgenommen, bei denen die einheitliche Miet- oder Leasingzahlung in einen Anteil aufzuteilen ist, der dem Nullsteuersatz unterliegt und einen Anteil, der dem Regelsteuersatz unterfällt. In diesen Fällen wird es nicht beanstandet, wenn die Aufteilung (90:10) erst ab dem 1.4.2023 vorgenommen wird.

 BMF, Schreiben v. 27.2.2023, III C 2 – S 7220/22/10002 :010

Quelle: Umsatzsteuer: BMF zu Photovoltaikanlagen und Nullsteuersatz | Steuern | Haufe