Neuregelung des häuslichen Arbeitszimmers und der Pauschalen ab VZ 2023

Die ertragsteuerliche Berücksichtigung der betrieblichen und beruflichen Betätigung in der häuslichen Wohnung nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b und 6c i. V. m. § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG wurde ab dem VZ 2023 neu geregelt. Der Beitrag zeigt in der Praxis bedeutsame Fallbeispiele.

Altregelung bis 31.12.2022

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG in der bis 31.12.2022 geltenden Fassung durften Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung den Gewinn nicht mindern. Dies galt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wurde die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 EUR begrenzt: Die Beschränkung der Höhe nach galt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildete.

Zusätzlich gab es in den Jahren 2020 bis 2022 eine Homeoffice-Pauschale von 5 EUR pro Tag, höchstens aber 600 EUR (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 4 EStG), welche aber nur für die Tage galt, an denen ausschließlich zu Hause gearbeitet wurde. Hier war es unbeachtlich, ob beim Arbeitgeber ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Neuregelung ab 1.1.2023

Nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG in der ab 2023 geltenden Fassung sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht abzugsfähig (vgl hierzu auch den Beitrag zum Jahressteuergesetz 2022). Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1.260 EUR (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden. Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die genannten Voraussetzungen nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1.260 EUR um ein Zwölftel.

Nach § 4 Abs. 5 Nr. 6c EStG kann für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 EUR (Tagespauschale), höchstens 1.260 EUR im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden. Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird. Der Abzug der Tagespauschale ist aber nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung abgezogen werden können oder soweit ein Abzug für ein häusliches Arbeitszimmer nach Nr. 6b vorgenommen wird.

Gegenüberstellung von Alt- und Neuregelung

Bei der Gegenüberstellung von Alt- und Neuregelung ergeben sich für die bisherigen Voraussetzungen folgende Veränderungen:

Häusliches Arbeitszimmer bildet den Mittelpunkt

  • bis 31.12.2022 => tatsächliche Aufwendungen
  • ab 1.1.2023 => tatsächliche Aufwendungen oder Jahrespauschale

Häusliches Arbeitszimmer + kein anderer Arbeitsplatz

  • bis 31.12.2022 => tatsächliche Aufwendungen bis 1.250 EUR
  • ab 1.1.2023 => Tagespauschale bis 1.260 EUR (ist dauerhaft ein anderer Arbeitsplatz vorhanden, muss die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und der andere Arbeitsplatz darf nicht aufgesucht werden)

Arbeitsecke

  • bis 31.12.2022 => Homeoffice-Pauschale bis 600 EUR (ausschließlich zu Hause gearbeitet)
  • ab 1.1.2023 => Tagespauschale bis 1.260 EUR (überwiegend in der häuslichen Wohnung gearbeitet und der andere Arbeitsplatz darf nicht aufgesucht werden oder dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz vorhanden)   

Weitere Veränderungen und Praxis-Beispiele werden im Folgenden dargestellt:

Beispiel 1: Aufteilung des Abzugsbetrages bei mehreren Tätigkeiten

A nutzt ein häusliches Arbeitszimmer zu 50 % für eine nichtselbständige Tätigkeit und zu 50 % für eine gewerbliche Nebentätigkeit. Der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung liegt im häuslichen Arbeitszimmer. Die tatsächlichen Gesamtaufwendungen für das Arbeitszimmer betragen 1.500 EUR.

Lösung: Auch nach der bisherigen Regelung war es so, dass bei Ausübung mehrerer betriebliche und berufliche Tätigkeiten nebeneinander, die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer entsprechend dem Nutzungsumfang den darin ausgeübten Tätigkeiten zuzuordnen ist. Demnach wären hier beiden Einkunftsarten jeweils 750 EUR (50 %) zuzuordnen. Die Finanzverwaltung beanstandet es aber im Rahmen der Neuregelung nicht, wenn der Steuerpflichtige auf eine Aufteilung der Aufwendungen oder der Jahrespauschale (sowie auch der Tagespauschale) auf die verschiedenen Tätigkeiten verzichtet und diese insgesamt einer Tätigkeit zuordnet (BMF, Schreiben v. 15.8.2023, BStBl 2023 I S. 1551 Rz. 17). Ordnet A hier den kompletten Betrag der gewerblichen Tätigkeit zu, könnte dies den Vorteil haben, dass ihm noch der Arbeitnehmer-Pauschbetrag in voller Höhe (1.230 EUR) zur Verfügung steht.

Beispiel 2: Tagespauschale bei doppelter Haushaltsführung

A unterhält ganzjährig eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung. Er arbeitet an 50 Tagen im Homeoffice in seiner Zweitwohnung und an 50 Tagen am Ort des eigenen Hausstandes. 120 Tage arbeitet er an seiner ersten Tätigkeitsstätte. Die Unterkunftskosten am Ort der ersten Tätigkeitsstätte betragen monatlich 1.025 EUR.

Lösung: A kann hier für 50 Tage die Tagespauschale geltend machen, da er 50 Tage in seiner Wohnung am Ort des eigenen Hausstandes im Homeoffice gearbeitet hat. Unstreitig ist aber grundsätzlich auch, dass für die weiteren Home-Office-Tage in der Zweitwohnung ein Abzug nicht in Betracht kommt, da die Unterkunftskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung abgezogen werden können. Dies stellt eine Verschärfung der früheren Regelung dar, weil die Homeoffice-Pauschale zusätzlich geltend gemacht werden konnte.

Unterkunftskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung können nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 4 EStG aber nur höchstens mit 1.000 EUR im Monat berücksichtigt werden. Dies führt hier dazu, dass ein nichtabziehbarer Aufwand i. H. v. 300 EUR verbleibt. Für diesen Fall lässt die Finanzverwaltung zu, dass die Tagespauschale auch für die Zweitwohnung geltend gemacht werden kann. Eine Deckelung auf die tatsächlichen Unterkunftskosten ist dabei nicht vorzunehmen (Rz. 38 des o. g. BMF-Schreibens).

Beispiel 3: Abzug von tatsächlichen Aufwendungen/Jahrespauschale und Tagespauschale

Das häusliche Arbeitszimmer von A bildet von Januar bis Juni 2023 den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit. Ab Juli ist die häusliche Wohnung zwar immer noch der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit, sein Arbeitszimmer steht ihm aber durch die Geburt seines Kindes nicht mehr zu Verfügung. Daher verlagert A seine Tätigkeit in eine Arbeitsecke im Wohnzimmer. Die Arbeitsecke nutzte er ab Juli an 115 Tagen. An diesen Tagen suchte A auch nicht seine erste Tätigkeitsstätte auf. Für den Zeitraum Januar bis Juni wählt er den Abzug der Jahrespauschale.

Lösung: Hier kann A für den Zeitraum Januar bis Juni 2023 Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG geltend machen, da das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Er wählt die Berücksichtigung der Jahrespauschale, welche nur zeitanteilig zu berücksichtigen ist, da ab Juli 2023 kein häusliches Arbeitszimmer mehr vorliegt (daher 1.260 EUR x 6/12 = 630 EUR).

Zwar ist ein Abzug der Tagespauschale nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG nicht zusätzlich zu den Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer oder zur (anteiligen) Jahrespauschale für denselben Zeitraum zulässig; die Finanzverwaltung hat aber mitgeteilt (Rz. 39 des o. g. BMF-Schreibens), dass für den Teilzeitraum, in dem die die Abzugsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht vorliegen, der Abzug der Tagespauschale in Betracht kommt.

Dies ist hier ab Juli 2023 bei A der Fall, da zwar kein häusliches Arbeitszimmer mehr vorliegt, er aber überwiegend im Homeoffice beruflich tätig war und an den 115 Tagen nicht seine erste Tätigkeitsstätte aufgesucht hat. Somit kann A neben der Jahrespauschale von 630 EUR (für das erste Halbjahr) auch noch die Tagespauschale von 690 EUR (115 Tage x 6 EUR, für das zweite Halbjahr) geltend machen. Dies macht eine Gesamtsumme von 1.320 EUR aus. Es handelt sich um unterschiedliche Pauschalen (für Arbeitszimmer und Homeoffice) und im Gesetz wird nicht erwähnt, dass die Summe aus Jahres- und Tagespauschale nur 1.260 EUR betragen darf.

Beispiel 4: Lehrer erhalten nun grundsätzlich immer 1.260 EUR

A ist Lehrer und geht 195 Tage in die Schule. Bisher hat er tatsächliche Aufwendungen für sein Arbeitszimmer i. H. v. 750 EUR geltend gemacht.

Lösung: A kann nun für die 195 Tage im Arbeitszimmer (würde auch für eine Arbeitsecke gelten) 6 Euro pro Tag geltend machen, da ihm dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz (wie bisher auch) in der Schule zur Verfügung steht. Allein dies stellt gegenüber der bisherigen Regelung (750 EUR abzugsfähig) schon eine Verbesserung dar. Zusätzlich kommen aber auch noch die unterrichtsfreien Tage (Ferien) und teilweise die Wochenenden dazu, an denen der Lehrer auch Tätigkeiten zu Hause verrichtet. Demnach wird der Lehrer regelmäßig auf 210 Tage kommen, sodass der Höchstbetrag i. H. v. 1.260 Euro ausgeschöpft wird.

Quelle: Neuregelung des häuslichen Arbeitszimmers und der Pauschalen | Steuern | Haufe

Bis zu 10 % jährliche Abschreibung: AfA-Turbo für Wohnimmobilien

Die steuerlichen Abschreibungen gelten insbesondere im Bereich der Immobilien seit langem als etabliertes steuerpolitisches Konjunktur-Instrument. Mit der (befristeten) Einführung einer degressiven AfA für Wohngebäude und der überarbeiteten Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau schafft der Gesetzgeber neue Investitionsanreize.

Angelegt sind die Änderungen in einem der steuerlich prominentesten Gesetzgebungsverfahren der letzten Monate: dem Wachstumschancengesetz. Betrachtet man die wesentlichen Änderungen genauer, so wird deutlich, dass das geänderte AfA-Regelwerk gezielte Steuervorteile für Immobilieninvestoren bereithält; insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich einzelne Bausteine miteinander kombinieren lassen. Im Einzelnen:

Reguläre Abschreibung (linear/degressiv)

Bereits durch das Jahressteuergesetz 2022 gab es eine vorteilhafte Rechtsänderung. Die pauschale respektive lineare Abschreibung beträgt nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für ab dem 1.1.2023 fertiggestellte Wohnimmobilien 3 % p.a. (anstatt 2 % p.a.).

Alternativ besteht für Wohngebäude, mit deren Herstellung nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 begonnen wird (angezeigter Baubeginn, nicht Bauantrag), eine geometrisch-degressive Abschreibungsmöglichkeit in fallenden Jahresbeträgen (§ 7 Abs. 5a EStG). Das Wahlrecht gilt grundsätzlich analog für nicht selbst hergestellte Gebäude, insofern der Kaufvertrag nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 rechtswirksam geschlossen wurde. Mithin beträgt die jährliche AfA 5 % vom jeweiligen Buchwert (= Restwert) des Gebäudes. Ein Wechsel zur linearen AfA ist jederzeit zulässig.

Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau

Die Sonderabschreibung nach § 7b EStG wurde bereits infolge des Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus vom 4.8.2019 eingeführt. Nach § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG endete der Förderzeitraum Ende 2021, sodass im Jahr 2022 keine neuen Projekte gefördert wurden. Mit dem Jahressteuergesetz 2022 kam es ab dem 1.1.2023 zu einer Neuauflage unter geänderten Rahmenbedingungen. Die Leitplanken wurden durch das Wachstumschancengesetz nochmals verändert.

Demnach besteht die Möglichkeit der Inanspruchnahme für neugeschaffene Mieteinheiten, welche aufgrund eines vor dem 1.10.2029 gestellten Bauantrags bzw. Bauanzeige hergestellt wurden. Zudem wurde den gestiegenen Baukosten Rechnung getragen und die Obergrenze auf 5.200 EUR je Quadratmeter Wohnfläche erhöht. Die Bemessungsgrundlage ist seitdem auf 4.000 EUR je Quadratmeter Wohnfläche begrenzt.

Zu beachten sind jedoch zwingend die Nachhaltigkeitsvoraussetzungen: Das Gebäude muss Effizienzhausstandard 40 (EH40) plus Nachhaltigkeitssiegel QNG erreichen. Zudem darf der Wohnraum nicht nur zur vorübergehenden Beherbergung von Personen genutzt werden.

Die Sonderabschreibung in Höhe von 5 % der Bemessungsgrundlage kann über einen Gesamtzeitraum von vier Jahren in Anspruch genommen werden.

In Kraft treten beide Rechtsnormen mit Wirkung vom 1.1.2023 und sind damit rückwirkend für das Jahr 2023 anwendbar.

Kombination der Abschreibungsmodelle

Infolge gesetzlicher Verweise sind die vorstehend erläuterten Abschreibungsmodelle kombinierbar. Der aggregierte Vorteil aus Inanspruchnahme der Sonderabschreibung und der degressiven AfA lässt sich zahlentechnisch in den ersten vier Jahren bei exemplarischen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten (= Bemessungsgrundlage) in Höhe von 400.000 EUR wie folgt darstellen:

Degressive AfASonder-AfAGesamt-AfA-Satz
Jahr 120.000 EUR20.000 EUR10,00 %
Jahr 219.000 EUR20.000 EUR9,75 %
Jahr 318.050 EUR20.000 EUR9,51 %
Jahr 417.148 EUR20.000 EUR9,29 %
Jahr 512.290 EUR3,07 %

Das „Add-on“ Sonderabschreibung sorgt insbesondere in den ersten vier Jahren für einen deutlichen Liquiditätsvorteil. Insgesamt können in diesem Zeitraum etwa 39 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes verrechnet werden.

Hinweis: Bei vollständiger Inanspruchnahme der Sonderabschreibung nach § 7b EStG und geometrisch-degressiver Abschreibung beträgt der Restwert – mithin die Bemessungsgrundlage für die AfA im Jahr 5 gemäß § 7a Abs. 9 EStG – (400.000 EUR ./. 154.198 EUR =) 245.802 EUR. Technisch folgt die Berechnung damit der Logik des BMF-Schreibens v. 7.7.2020, BStBl I 2020 S. 623, Rn. 71. Vollständigkeitshalber wird darauf hingewiesen, dass diesbezüglich in der Praxis eine gewisse Rechtsunsicherheit besteht. Für Klarheit könnte ein entsprechendes BMF-Anwendungsschreiben sorgen.

Entscheidet man sich für die lineare AfA anstatt der neu eingeführten Degressiv-Variante beträgt das AfA-Volumen immerhin 32 % (4 x 5 % Sonderabschreibung zzgl. 4 x 3 % lineare Abschreibung). Der nach Ablauf des vierjährigen Begünstigungszeitraums verbleibende Restbuchwert (= 68 %) wäre dann gleichmäßig auf die Restnutzungsdauer von 29 Jahren (= 33 Jahre Nutzungsdauer abzgl. 4 Jahre Begünstigungszeitraum) zu verteilen (§ 7a Abs. 9 EStG). Die jährliche Abschreibung ab Jahr 5 beträgt damit 2,3 % (= 68 % / 29 Jahre).

Neben dem positiven Effekt aus der Aufwandsvorverlagerung führt die zeitige Veräußerung einer im Privatvermögen gehaltenen Immobilie nach Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist zu einem Bemessungsgrundlageneffekt aus der Steuerfreiheit des Veräußerungserlöses.

Inwieweit das Regelwerk tatsächlich – wie von der Bundesregierung gelabelt – einen Investitionsbooster darstellt, werden die zukünftigen Daten zum Wohnungsneubau zeigen.

Gleichwohl bedarf es aus Gesetzgebersicht einer gewissen Paragraphenpflege. Insbesondere die strengen Nachhaltigkeitsauflagen sowie die Baukosten-Höchstgrenzen sollten überwacht werden, um bei der subventionellen Steuervergünstigung entsprechend proaktiv gegensteuern zu können. Zudem ist die Schaffung neuen Wohnraums in Bestandsgebäuden vom Anwendungsbereich der Regelung nicht umfasst. Insofern ist es wünschenswert, dass der Gesetzgeber zukünftiges Optimierungspotenzial rechtzeitig erkennt und einem zügigen Gesetzgebungsverfahren umsetzt.

Quelle: Bis zu 10 % jährliche Abschreibung: AfA-Turbo für Wohnimmobilien | Steuern | Haufe

Wachstumschancengesetz verabschiedet!

Es hat uns viele Nerven gekostet, aber jetzt ist es geschafft: Der Bundesrat hat heute das Wachstumschancengesetz verabschiedet. Wir haben die wichtigsten Änderungen für Sie zusammengefasst.

Der Bundesrat hat den Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses bestätigt und den Einigungsvorschlag angenommen. Das Gesetz soll mit steuerlichen Investitionsanreizen die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland stärken und zu Entlastungen in Höhe von 3,2 Milliarden Euro führen.

 Inhalt

 

Änderungen für Selbstständige durch das Wachstumschancengesetz

Selbstständige und Freiberufler müssen sich auf einige Veränderungen einstellen – von A wie Abschreibung bis V wie Verlustverrechnung. Hier die Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:

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Abschreibungen (AfA)

Degressive Abschreibung (AfA): Für Wirtschaftsgüter, die vom 1.4.2024 bis einschließlich 31.12.2024 angeschafft werden, ist eine degressive Abschreibung möglich. Die Höhe der degressiven AfA beträgt das Doppelte der linearen AfA, maximal 20%.

Sonderabschreibung nach § 7g EStG: Diese Sonder-AfA gibt es für Betriebe, die die Gewinngrenze von 200.000 Euro im Jahr, das der Investition vorangeht, nicht überschreiten. Sie kann beliebig auf das Jahr der Anschaffung oder Herstellung und die folgenden vier Jahre verteilt werden. Für ab 2024 angeschaffte Wirtschaftsgüter gibt es eine Sonder-AfA in Höhe von 40% der Anschaffungskosten oder Herstellungskosten (bisher waren es 20 Prozent).

Geschenke an Geschäftspartner

Nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 EStG dürfen Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, den Gewinn nicht mindern, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände einen bestimmten Betrag übersteigen.

Dieser Betrag liegt zurzeit bei 35 Euro und wird zum Ausgleich der gestiegenen Kosten auf 50 Euro angehoben (genau genommen ergibt sich bei der Anpassung an die Inflation ein Betrag von 46 Euro, der zur Vereinfachung auf 50 Euro aufgerundet wird).

Förderung von E-Autos

Arbeitnehmer, die ein E-Auto oder ein Hybridfahrzeug mit einer Mindestreichweite von 80 Kilometern als Firmenwagen haben und auch privat nutzen dürfen, müssen nur 0,25% des Bruttolistenpreises versteuern. Bisher galt dabei, dass das Fahrzeug maximal 60.000 Euro kosten durfte (Bruttolistenpreis). Ab 2024 wird die Förderung von Elektrofahrzeugen auf Pkw mit einem Bruttolistenpreis von höchstens 70.000 Euro ausgeweitet.

Achtung: Die neue Höchstgrenze allerdings nur für Fahrzeuge, die ab dem 1.1.2024 angeschafft werden bzw. wurden.

Verluste

Für den Verlustvortrag wurde für die Jahre 2024 bis 2027 eine vorübergehende Verbesserung beschlossen. Der über 1 Million bzw. bei Ehegatten 2 Millionen hinausgehende Verlustvortrag wird auf maximal 70 % des Gesamtbetrags der Einkünfte beschränkt.

Die ursprünglich ebenfalls geplante dauerhafte Einführung des erweiterten Verlustrücktrags wurde gestrichen.

Buchführungspflicht: Höhere Umsatz- und Gewinngrenzen

Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch nicht aus eigenem Betreiben Bücher führen und Abschlüsse machen, können – statt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln – eine »vereinfachte« Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung wählen (§ 4 Absatz 3 EStG). Diese ist weniger aufwändig als eine Buchführung und Rechnungslegung nach handelsrechtlichen Grundsätzen mit entsprechender steuerlicher Gewinnermittlung (Bilanz).

Bisher gilt das nur, wenn nicht mehr als 600.000 Euro Umsatz und nicht mehr als 60.000 Euro Gewinn gemacht werden.

Durch das Wachstumschancengesetz werden die Schwellenwerte angehoben auf 800.000 Euro (Umsatzerlöse bzw. Gesamtumsatz) und 80.000 Euro (Jahresüberschuss bzw. Gewinn).

Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Umsatzsteuererklärung

Nach § 18 Absatz 2 Satz 3 UStG können Unternehmer schon jetzt durch das Finanzamt von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldung und Entrichtung der Vorauszahlung befreit werden, wenn die Steuer für das vorausgegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1.000 Euro betragen hat.

Dieser Schwellenwert wird auf 2.000 Euro angehoben, sodass mehr Unternehmer lediglich jährlich eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung abgeben müssen.

Kleinunternehmer

Kleinunternehmer müssen ab dem Besteuerungszeitraum 2024 weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen noch eine Umsatzsteuererklärung abgeben. Ausnahme: Fälle des § 18 Absatz 4a UStG.

Wichtig: Die grundsätzliche Befreiung von den umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten gilt nur so lange, wie die Kleinunternehmerregelung nach § 19 Absatz 1 UStG zur Anwendung kommt. Die Voraussetzungen für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung hat der Unternehmer dabei selbst zu überwachen.

Ist-Besteuerung

Bei der Ist-Besteuerung müssen Unternehmer die Umsatzsteuer erst dann an das Finanzamt abführen, wenn Kunden ihre Rechnung beglichen haben. Das bedeutet für den Unternehmer einen enormen Liquiditätsgewinn, denn er muss für die Umsatzsteuer nicht in Vorleistung gehen: Die Steuer wird erst dann gezahlt, wenn er sie auch vereinnahmt hat.

Freiberufler, die eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung machen, dürfen die Ist-Besteuerung immer in Anspruch nehmen. Für Unternehmer mit Einkünften aus Gewerbebetrieb ist die Ist-Besteuerung erlaubt, wenn der Gesamtumsatz des Vorjahres nicht höher als 600.000 Euro ist.

Diese Grenze wird auf 800.000 Euro angehoben.

Änderungen für Arbeitnehmer

Fünftelregelung

Wird eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit, eine Abfindung oder Entschädigung gezahlt, unterliegt diese Vergütung einer besonderen Besteuerung (Fünftelregelung) – noch. Ab 2025 wird die Fünftelregelung nämlich abgeschafft.

Lkw-Fahrer

Berufskraftfahrer, die in der Schlafkabine ihres Lkw übernachten, können zusätzlich zur Verpflegungspauschale eine weitere Pauschale geltend machen. Diese beträgt rückwirkend ab dem 1.1.2024 9 Euro pro Nacht.

Änderungen für Rentner

Rentenbesteuerung

Seit 2005 läuft der Übergang zur nachgelagerten Besteuerung von Altersrenten aus der Basisversorgung, 2040 sollte die Übergangsphase enden – wer ab diesem Zeitpunkt in Rente geht, sollte die komplette Rente versteuern müssen.

Diese Frist wurde nun deutlich nach hinten verschoben: Die komplette nachgelagerte Besteuerung der gesetzlichen Altersrente beginnt erst 2058.

Denn mit dem Wachstumschancengesetz schon ab dem Jahr 2023(!) der Anstieg des Besteuerungsanteils für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang auf einen halben Prozentpunkt jährlich reduziert. Wer 2023 in Rente gegangen ist, muss also nicht 83% seiner Rente versteuern, sondern nur 82,5%. Für den Renteneintrittsjahrgang 2024 gilt ein Besteuerungsanteil 83%, wer 2025 in Rente geht, muss 83,5% versteuern usw.

Diese Anpassung des § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) folgt dem mit dem Jahressteuergesetz 2022 bereits umgesetzten Entfall der prozentualen Begrenzung für Altersvorsorgeaufwendungen im Rahmen des Sonderausgabenabzugs ab dem Jahr 2023 und soll dazu beitragen, eine doppelte Besteuerung von Renten aus der Basisversorgung für zukünftige Renteneintrittsjahrgänge zu vermeiden oder abzumildern, heißt es auf Seite 140 der Begründung zum Wachstumschancengesetz. Und: »Zur vollständigen Vermeidung einer »doppelten Besteuerung» sowohl für zukünftige Rentenkohorten, aber auch zur Beseitigung von gegebenenfalls im Einzelfall bereits eingetretener »doppelter Besteuerung» in Bestandsrentenfällen sind weitere Regelungen erforderlich, die zeitnah in einem dritten Schritt gesetzlich geregelt werden.« Wir bleiben gespannt.

Altersentlastungsbetrag

Vom Altersentlastungsbetrag profitiert, wer neben der Rente weitere Einkünfte hat beispielweise aus der Vermietung einer Immobilie.

Auch hier steigt der Besteuerungsanteil rückwirkend ab 2023(!) langsamer und erhöht sich pro Renteneintrittsjahrgang jährlich um nur 0,4%.

Änderungen für Immobilieneigentümer und Vermieter

Abschreibung von Wohngebäuden

Für Wohngebäude, deren Baubeginn zwischen dem 1.10.2023 und dem 30.9.2029 lag bzw. liegt, wird eine degressive Abschreibung in Höhe von 5% eingeführt.

Wird die Immobilie nicht gebaut, sondern ein »fertiges« Haus gekauft, muss der Kaufvertrag zwischen dem 1.10.2023 und dem 30.9.2029 rechtswirksam geschlossen und die Immobilie bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung erworben werden.

Ein Wechsel zur linearen Abschreibung ist möglich.

Sonstige Änderungen

Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften

Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften bleiben bisher gemäß § 23 Absatz 3 Satz 5 EStG steuerfrei, wenn der im Kalenderjahr erzielte Gesamtgewinn weniger als 600 Euro beträgt (Freigrenze). Werden Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt und hat jeder von ihnen Veräußerungsgewinne erzielt, steht jedem Ehegatten die Freigrenze einzeln zu.

Ab dem Veranlagungszeitraum 2024 steigt die Freigrenze auf 1.000 Euro.

Diese Vorhaben aus dem Wachstumschancengesetz wurden nicht umgesetzt

Nicht mehr im Wachstumschancengesetz enthalten ist die Prämie für Investitionen in den Klimaschutz, die ursprünglich als Kern des Gesetzes galt. Damit wurde die Einführung der im Koalitionsvertrag ursprünglich als Superabschreibung bezeichneten Klimaschutzprämie erneut vertagt.

(Darum ging es: Mit einem neuen »Gesetz zur steuerlichen Förderung von Investitionen in den Klimaschutz« sollte in Ergänzung zu den bestehenden Projektförderungen für Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen eine steuerliche Investitionsförderung eingeführt werden. Konkret ging es um die steuerliche Förderung von Investitionen, die zu einer Minderung des Energieverbrauchs im Unternehmen beitragen und somit den Umwelt- und Klimaschutz verbessern.)

Komplett entfallen sind auch die Anhebung der Grenzen für die Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern (GWG-Grenze) sowie die Anhebung der Werte bei der Poolabschreibung (Sammelposten).

(Darum ging es: Geplant war eine Erhöhung der Wertgrenzen für die GWG-Sofortabschreibung auf 1.000 Euro und der GWG-Poolabschreibung auf 5.000 Euro sowie die Verkürzung der Laufzeit der Poolabschreibung von fünf auf drei Jahre.)

Bei Betriebsveranstaltungen gilt weiter ein Höchstbetrag von 110 Euro (geplant war eine Anhebung der Obergrenze auf 150 Euro).

Auch die Verpflegungspauschale bleibt so, wie sie derzeit ist. Der Pauschbetrag liegt derzeit 14 Euro für An- und Abreisetage und Tage mit einer Abwesenheit von mehr als acht Stunden, für Tage mit 24-stündiger Abwesenheit gibt es pauschal 28 Euro. (Geplant war eine Anhebung auf 15 Euro bzw. 30 Euro).

Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung sollten steuerfrei bleiben, sofern die Summe der Einnahmen im Veranlagungszeitraum insgesamt weniger als 1.000 Euro beträgt. Diese Idee wird nicht umgesetzt.

Bei der Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen bleibt es bei den bisherigen 7% im Jahr des Abschlusses und im darauffolgenden Kalenderjahr sowie 6% im letzten Jahr. Das Wachstumschancengesetz hatte ursprünglich vorgesehen, dass ab 2024 für Maßnahmen zwischen dem 1.1.2024 und dem 31.12.2025 im Kalenderjahr des Abschlusses der Sanierungsmaßnahmen eine Steuerermäßigung von 10% der Kosten (höchstens 14.000 Euro) geltend gemacht werden darf.

Keine Besteuerung der Dezemberhilfe 2022 (rückwirkende Änderung zum 1.1.2023)

Auf die Besteuerung der Dezemberhilfe wird angesichts der Vollzugsaufwände der Finanzverwaltung und der zu erwartenden Steuermehreinnahmen verzichtet. Die erst mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2022 neu eingeführten Regelungen im Abschnitt »XVI. Besteuerung der Gas-/Wärmepreisbremse« im Einkommensteuergesetz (EStG) wird ersatzlos gestrichen. 

Dieser Bereich, über den sich alle Beteiligten einig waren, wurde aus dem Wachstumschancengesetz ausgegliedert und im Rahmen des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes am 15.12.2023 entschieden. Thematisch hat es damit zwar nichts zu tun – aber das Gesetz stand am 15.12.2023 auf der Tagesordnung des Bundesrats, und so konnte man die Dezemberhilfe schnell noch vor dem Jahreswechsel unterbringen.

Historie: Der lange Weg des Wachstumschancengesetzes

Am 17.11.2023 hatte der Bundestag dem Wachstumschancengesetz zugestimmt, nur eine Woche später hat sich auch der Bundesrat mit dem Wachstumschancengesetz beschäftigt: Es kann nur mit Zustimmung der Länder in Kraft treten. Auf Wunsch des Bundestages hatte sich der Bundesrat bereit erklärt, auf seine eigentlich dreiwöchige Beratungsfrist zu verzichten – zuvor war man von einer Abstimmung Mitte Dezember ausgegangen.

Mit dem Gesetz soll die Liquiditätssituation von Unternehmen verbessert werden. Außerdem will man damit »Impulse setzen, damit Unternehmen dauerhaft mehr investieren und mit unternehmerischem Mut Innovationen wagen können«, schreibt das Bundesfinanzministerium (BMF) im Entwurf. Das soll die Wettbewerbsfähigkeit, die Wachstumschancen und den Standort Deutschland stärken. Daneben werden zahlreiche kleinere Maßnahmen geplant, um das Steuersystem zu vereinfachen und durch Anhebung von Schwellenwerten und Pauschalen vor allem kleine Betriebe von Bürokratie zu entlasten.

Der Bundesrat hatte im so genannten »ersten Durchgang« umfangreich zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung Stellung genommen und dabei über 50 konkrete Änderungen, Ergänzungen oder Streichungen gefordert sowie weitere Prüfbitten bzw. Anregungen formuliert. Einen kleinen Teil davon hat der Bundestag bei seiner Beschlussfassung übernommen.

Ob mit der Abstimmung am 24.11.2023 wirklich alles erledigt ist, haben wir von Anfang an bezweifelt – und Recht behalten: Der Bundesrat verwies das Vorhaben zur grundlegenden Überarbeitung in den Vermittlungsausschuss. Die Länder kritisieren, dass der Bundestagsbeschluss die zahlreichen Änderungsvorschläge des Bundesrates aus dessen ausführlicher Stellungnahme im ersten Durchgang zum zugrundeliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung nur punktuell übernommen hat. Auch aufgrund der vielen kurzfristigen Ergänzungen im Bundestagsverfahren bestehe Überarbeitungsbedarf.

Nachdem Bundestag und Bundesrat dem Änderungsvorschlag des Vermittlungsausschusses nun zugestimmt haben, kann es nach Ausfertigung und Verkündung in Kraft treten.

Was ist der Vermittlungsausschuss?

Der Vermittlungsausschuss ist ein gemeinsamer Ausschuss von Bundestag und Bundesrat. Er besteht aus 32 Mitgliedern – davon sind 16 Abgeordnete des Deutschen Bundestages und 16 Mitglieder des Bundesrates, die zugleich Mitglieder einer Landesregierung sind.

Er soll helfen, in Gesetzgebungsverfahren politische Kompromisse zu finden und die unterschiedlichen Vorstellungen von Bundestag und Bundesrat hinsichtlich eines umstrittenen Gesetzgebungsvorhabens zum Ausgleich bringen. Dabei darf der Vermittlungsausschuss nicht selbst Änderungen eines Gesetzes verbindlich beschließen, sondern kann nur Einigungsvorschläge ausarbeiten, die von Bundestag und Bundesrat gebilligt werden müssen.

Der Vermittlungsausschuss darf sich nicht eigenmächtig mit einem Gesetzesvorhaben befassen: Er kann erst dann tätig werden, wenn er vom Bundesrat, vom Bundestag oder von der Bundesregierung zu einem bestimmten Gesetzesvorhaben angerufen wird.

Der Vermittlungsausschuss fasst seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit. Die Dauer eines Vermittlungsverfahrens kann unterschiedlich ausfallen, denn es gibt keine Frist für den Abschluss seiner Beratungen im Vermittlungsausschuss. Bei sogenannten Zustimmungsgesetzen wie dem Wachstumschancengesetz (das sind Gesetze, für deren Zustandekommen die ausdrückliche Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist) kann es bis zu drei Vermittlungsverfahren in einem Gesetzgebungsverfahren geben.

Quelle: Wachstumschancengesetz verabschiedet! Das steht drin (steuertipps.de)

Rückblick auf die Einführung eines Nullsteuersatzes bei bestimmten Photovoltaikanlagen

Rückblick auf die Einführung eines Nullsteuersatzes bei bestimmten Photovoltaikanlagen

Zum 1.1.2023 ist erstmals in Deutschland ein sog. Nullsteuersatz (§ 12 Abs. 3 UStG) für die Lieferung und Installation bestimmter Photovoltaikanlagen eingeführt worden, wenn die Leistung an den Betreiber der Anlage ausgeführt wird. Die Anlage muss dabei im räumlichen Zusammenhang mit Wohnungen, öffentlichen Gebäuden oder dem Gemeinwohl dienenden Gebäuden stehen. Dies wird im Rahmen einer gesetzlichen Fiktion unterstellt, wenn die Anlage (einheitenbezogen) eine Leistung von höchstens 30 kW (peak) nach dem Marktstammdatenregister hat. Mit der Regelung soll es den Betreibern dieser Anlagen wirtschaftlich attraktiv gemacht werden, die Kleinunternehmerbesteuerung in Anspruch zu nehmen.

Hinweis: Das BMF (Schreiben v. 27.2.2023, BStBl 2023 I S. 351) hat zeitnah umfassende Hinweise zur Anwendung des Nullsteuersatzes veröffentlicht. Darüber hinaus hat die Finanzverwaltung geregelt, dass die Betreiber solcher neuen begünstigten Photovoltaikanlagen trotz unternehmerischer Betätigung keine steuerliche Anmeldung vornehmen müssen, soweit die Kleinunternehmerbesteuerung in Anspruch genommen wird (BMF, Schreiben v. 12.6.2023, BStBl 2023 I S. 990).

Neben der Anwendung des neuen Nullsteuersatzes bei der Lieferung (Werklieferung) oder der Installation einer begünstigten Photovoltaikanlage muss in der Praxis insbesondere auf die steuerlichen Konsequenzen bei den sog. Altanlagen (Anlagen, die bis 31.12.2022 noch zum Regelsteuersatz erworben wurden) geachtet werden. Soweit hier keine Änderungen vorgenommen werden, ergeben sich weiterhin die gleichen umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen wie in den vergangenen Jahren. Neben der (umsatzsteuerrechtlich unproblematischen) weiter erfolgenden Besteuerung der Einspeisung von Strom in das Netz muss dann auch der dezentrale eigene Verbrauch als unentgeltliche Wertabgabe der Besteuerung unterworfen werden.

Da zumindest bei den in den letzten Jahren erworbenen bzw. installierten Anlagen bei einem Verzicht auf die Kleinunternehmerbesteuerung keine Rückkehr in die Kleinunternehmerbesteuerung möglich ist , muss geprüft werden, ob durch andere Maßnahmen die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe verhindert werden kann. Insbesondere kommt hier die Entnahme der Anlage aus dem Unternehmen in Betracht, die aber zeitnah erklärt werden sollte. Die Entnahme gilt zwar als steuerbare und steuerpflichtige Lieferung, unterliegt aber dem Nullsteuersatz, sodass im Ergebnis keine Umsatzsteuer aus der Entnahme entsteht.

Hinweis: Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 27.2.2023, BStBl 2023 I S. 351) hat die Entnahme einer solchen Altanlage aus dem Unternehmen grundsätzlich für zulässig erachtet, sieht dies aber nur dann, wenn die Anlage zu mehr als 90 % für private Zwecke verwendet wird. Dies wird fiktiv unterstellt, wenn ein dezentraler Speicher vorhanden ist oder eine Wall-Box bzw. eine Wärmepumpe genutzt wird. Ob die 90 %-Grenze aber einer gerichtlichen Prüfung standhält, ist fraglich. Sollte die Anlage aus dem Unternehmen entnommen werden, muss trotzdem der eingespeiste Strom weiterhin der Umsatzbesteuerung unterworfen werden, wenn kein Wechsel in die Kleinunternehmerbesteuerung möglich ist.

Quelle: Umsatzsteuer 2024: Wichtige Änderungen im Überblick | Steuern | Haufe

Mindestlohnerhöhung 2024 und die Auswirkungen auf Minijob und Midijob

Der Mindestlohn erhöht sich ab dem 01.01.2024 auf 12,41 Euro je Zeitstunde. In einem weiteren Schritt wird der Mindestlohn zum 01.01.2025 auf 12,82 Euro je Zeitstunde erhöht.


Auswirkungen der Mindestlohnerhöhung auf Minijob- und Midijobgrenzen (Übergangsbereich).

Seit dem 01.10.2022 werden die Entgeltgrenzen für Minijobs und Midijobs dynamisch angepasst. Die Grenzen orientieren sich an der Höhe des Mindestlohns.


Mit einer Erhöhung des Mindestlohns zum 01.01.2024 gelten somit folgende Geringfügigkeitsgrenzen:

  • Für den Minijob beträgt die neue Grenze 538 Euro, anstatt bisher 520 Euro.
  • Für den Midijob (Übergangsbereich) liegt die neue Grenze zwischen 538,01 und 2.000 Euro, anstatt bisher 520,01 und 2.000 Euro.

Die Bestandsschutzregelung für Arbeitnehmer mit einem Verdienst zwischen 450,01 EUR und 520,00 EUR endet am 31.12.2023. Ab Januar 2024 müssen diese Arbeitnehmer als geringfügig
Beschäftigte abgerechnet werden.

Liebhaberei: Besonderheiten bei den einzelnen Einkunftsarten / Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

Liebhaberei: Besonderheiten bei den einzelnen Einkunftsarten / Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung: Einkunftserzielungsabsicht

Die Einkunftserzielungsabsicht ist bei Vermietungseinkünften nur bei Gesamtüberlassung eines Grundstücks, im Übrigen aber vermietungsobjektbezogen zu prüfen. Werden verschiedene, auf einem Grundstück gelegene Gebäudeteile (einzeln) vermietet, bezieht sich die Einkünfteerzielungsabsicht mithin jeweils nur auf das entsprechende Objekt; fällt sie nachträglich weg, können auch nachträgliche Schuldzinsen aus früherer Vermietungstätigkeit nicht mehr steuermindernd geltend gemacht werden. Sofern nicht ausnahmsweise besondere Umstände gegen das Vorliegen einer Überschusserzielungsabsicht sprechen, z.  B. bei Ferienwohnungen, bei Mietkaufmodellen oder bei Bauherrenmodellen mit Rückkaufangebot oder Verkaufsgarantie, ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich – ohne Totalüberschussprognose – davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften.

§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH die typisierende Annahme zugrunde, dass eine auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit durch den Steuerpflichtigen stets mit Überschusserzielungsabsicht betrieben wird, selbst wenn bei objektiver betriebswirtschaftlicher Beurteilung die Vermietung in naher Zukunft nicht zur Einkunftserzielung geeignet ist.

Dies gilt auch dann, wenn die vermietete Immobilie aufgrund eines neu gefassten Entschlusses veräußert wird. Allerdings ist die Einkünfteerzielungsabsicht zu prüfen, wenn bei der Vermietung nichtübliche Rahmenbedingungen auftreten bzw. sich die Vermietungstätigkeit entgegen dem typischen wohnungs- und immobilienwirtschaftlichen Verhalten darstellt.

Praxis-Beispiel

Annahme der Einkunftserzielungsabsicht

  • Von der Absicht, positive Überschüsse zu erzielen, ist auszugehen, wenn der vereinbarte Mietpreis nicht weniger als 66 % der Marktmiete beträgt ( „gilt als entgeltlich“),
    • mit der Folge, dass die Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung in voller Höhe abziehbar sind. Beträgt der Mietzins weniger als 50 % der ortsüblichen Marktmiete, ist die Nutzungsüberlassung gem. § 21 Abs. 2 EStG i. d. F des JStG 2020 in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Für einen von der Vorschrift nicht erfassten Mietzins zwischen 50 % und 65 % ist auf der Grundlage der Rechtsprechung zur früheren Fassung des § 21 EStG (mit ihrem Gebot einer Überschussprognose-Prüfung bei einem Mietzins zwischen 50 % und 75 %) von einem entsprechenden Prüfungserfordernis nach der Neufassung der Vorschrift durch das JStG 2020 auszugehen.
  • Aufwendungen, die ihrer Art nach Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind, sind nicht allein deshalb nichtabziehbare Kosten der Lebensführung, weil sie noch während der Geltung der sog. großen Übergangsregelung an einem anschließend selbstgenutzten Gebäude entstanden sind.
  • Die Einkunftserzielungsabsicht besteht trotz renovierungsbedingten Leerstands nach vorheriger Dauervermietung, wenn – über bloß indifferente Überlegungen hinausgehende – Anhaltspunkte für eine Selbstnutzungs- oder (ausschließliche) Veräußerungsabsicht bei Beginn des Leerstands fehlen und das Objekt selbst bei Sanierung in Eigenarbeit in absehbarer Zeit wieder vermietet werden kann.
  • Eine Einkunftserzielungsabsicht dauert während eines Leerstands trotz Verkaufsbemühung an, solange auch ernsthaft und nachhaltig eine Vermietung angestrebt wird; daran bestehen bei einem Leerstand von mehr als 20 Jahren ebenso durchgreifende Zweifel wie bei einer langjährig ohne Umbauabsichten hingenommenen Unvermietbarkeit wegen ungünstiger Gestaltung oder wegen Unvermögens des Steuerpflichtigen (aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen) zur Herstellung eines betriebs- und vermietungsbereiten Zustands sowie bei langjährigem Leerstand trotz örtlich allgemein stark nachgesuchtem entsprechendem Wohnraum. Insbesondere bei einer bloßen – auch subjektiv erkennbar erfolglosen – stereotypen Wiederholung von Vermietungsanzeigen kann dann auf das Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht zu schließen sein, wenn der Steuerpflichtige auf seinen Anforderungen (hier hinsichtlich der Miethöhe, der beabsichtigten Mietdauer und der als Mieter für den Steuerpflichtigen akzeptablen Personen) über Jahre beharrt und die Intensität seiner Bemühungen auch nicht steigert.Entschließt sich der Steuerpflichtige, nach einer vorangegangenen dauerhaften Vermietung und sich anschließender Sanierungsphase eine andere Form der Vermietung – wie etwa die Nutzung als Ferienimmobilie – aufzunehmen, ist der subjektive Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG  in diesem Zeitpunkt neu zu bewerten.

Dagegen greift die typisierende Annahme einer Überschusserzielungsabsicht in § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht für die dauerhafte Verpachtung unbebauten Grundbesitzes

oder bei entgeltlicher Überlassung von Wohnraum zu gewerblichen Zwecken.

Quelle: Liebhaberei: Besonderheiten bei den einzelnen Einkunftsarten / 6 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung | Haufe Finance Office Premium | Finance | Haufe

Umsatzsteuerliche Behandlung kleiner Photovoltaikanlagen ab 2023

Seit dem 1.1.2023 unterliegt die Lieferung und Installation bestimmter Photovoltaikanlagen einem neuen Nullsteuersatz. Nachdem die Finanzverwaltung am 26.1.2023 einen Entwurf eines BMF-Schreibens vorgelegt hatte, ist jetzt die endgültige Fassung des BMF-Schreibens veröffentlicht worden.

Im Vergleich zu dem Entwurf haben sich im  endgültigen BMF-Schreiben v. 27.2.2023 noch einige Veränderungen ergeben. Leider hat die Finanzverwaltung aber nicht die systematisch wenig überzeugende Auffassung zur Entnahme einer Altanlage aus dem Unternehmen geändert.

Die gesetzliche Neuregelung

Erstmals ist in Deutschland durch einen neuen § 12 Abs. 3 UStG ein sog. „Nullsteuersatz“ eingeführt worden, der für Leistungen im Zusammenhang mit bestimmten (kleineren) Photovoltaikanlagen gilt. Die Neuregelung ist für alle Leistungen anzuwenden, die ab dem 1.1.2023 ausgeführt werden.

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Wichtig: Ein Nullsteuersatz unterscheidet sich von der Steuerbefreiung einer Leistung dadurch, dass bei dem leistenden Unternehmer zwar keine Umsatzsteuer entsteht, er aber für alle damit im Zusammenhang stehenden Eingangsleistungen den vollen Vorsteuerabzug beanspruchen kann.

Erfasst werden von der Anwendung des Nullsteuersatzes die folgenden Leistungen nach § 12 Abs. 3 UStG:

  • Die Lieferung der Solarmodule einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage notwendigen Komponenten sowie von Speichern, die den erzeugten Strom speichern können, an den Betreiber der Photovoltaikanlage, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird.
  • Der innergemeinschaftliche Erwerb der begünstigten Gegenstände.
  • Die Einfuhr der begünstigten Teile.
  • Die Installation der Anlagen und Speicher für die begünstigten Anlagen.

Die Absenkung des Steuersatzes auf 0 % gilt nur für die Leistungen gegenüber dem Betreiber der Photovoltaikanlage. Die Lieferungen der Hersteller, Großhändler oder Einzelhändler an Personen, die nicht Betreiber der Photovoltaikanlage sind, unterliegen weiterhin dem Regelsteuersatz.

Weitere Voraussetzung ist, dass ein Zusammenhang mit der Privatwohnung, Wohnungen oder öffentlichen Gebäuden besteht. Allerdings gelten diese Voraussetzungen (fiktiv) als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Anlage nicht mehr als 30 kW (peak) nach dem Marktstammdatenregister beträgt.

Ziel der Regelung

Ziel der Regelung ist insbesondere die Verwaltungsvereinfachung, da Anlagenbetreiber – soweit sie nicht noch anderweitig unternehmerisch tätig sind – für die Neuanlagen (ab 1.1.2023) die Kleinunternehmerbesteuerung (§ 19 UStG) in Anspruch nehmen werden. Bisher wurde in diesen Fällen – obwohl meist die Umsatzgrenzen für die Kleinunternehmerbesteuerung eingehalten wurden – auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung verzichtet, um den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb der Photovoltaikanlage zu erhalten.

Der Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung soll danach für Anlagen ab dem 1.1.2023 nicht mehr notwendig sein, wenn dem Unternehmer keine Umsatzsteuer aus der Anschaffung der Anlage berechnet wird. Damit sollen im Gleichklang mit dem Ertragsteuerrecht diese Anlagen aus der Besteuerung weitestgehend herausgehalten werden.

Entnahme von Strom

Neben dieser eher bürokratischen Vereinfachung kommt es für die ab dem 2023 angeschafften Anlagen aber in den Fällen, in denen erzeugter Strom für private Zwecke verwendet wird, zu einem positiven wirtschaftlichen Effekt, da der für private Zwecke entnommene Strom nicht mehr der Umsatzbesteuerung unterliegt.

Wichtig: Bisher führte die Entnahme von Strom aus einer dem Unternehmen zugeordneten Photovoltaikanlage zu einer fiktiv gegen Entgelt ausgeführten Lieferung, wenn der Unternehmer aus der Anlage den Vorsteuerabzug hatte (§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG). Dies gilt für die Altanlagen auch weiterhin.

Zeitpunkt für maßgeblichen Steuersatz

Im Regelfall liegt bei der Installation einer Photovoltaikanlage eine Werklieferung (§ 3 Abs. 4 UStG) vor, die mit Abnahme der Leistung ausgeführt ist. Zu diesem Zeitpunkt ist der maßgebliche Steuersatz für die Leistung festzustellen. Wenn die Leistung erst nach dem 31.12.2022 ausgeführt und abgenommen wird, entsteht eine Umsatzsteuer von 0 %. Soweit schon im Jahr 2022 Anzahlungen (Vorauszahlungen) vereinnahmt wurden, die dem Steuersatz von 19 % unterworfen wurden, muss dies im Zeitpunkt der Ausführung der Leistung (§ 27 Abs. 1 UStG) korrigiert werden. Dies gilt entsprechend für den Leistungsempfänger für einen evtl. vorgenommenen Vorsteuerabzug.

Soweit die Lieferung der Solarmodule und die Installation der Anlage von unterschiedlichen Unternehmern ausgeführt werden, liegen unterschiedliche Leistungen vor, die jeweils eigenständig zu betrachten sind – so kann es für die Lieferung der Solarmodule im Jahr 2022 noch zur (endgültigen) Entstehung von Umsatzsteuer von 19 % kommen und die davon zu trennende Installation in 2023 dann dem Nullsteuersatz unterliegen.

Die neue Anweisung des BMF

Es handelt sich um die  endgültige Fassung eines BMF-Schreibens, das die Finanzverwaltung in einer Entwurfsfassung am 26.1.2023 veröffentlicht hatte. In der endgültigen Fassung sind noch einige Veränderungen vorgenommen worden.

Die Finanzverwaltung führt mit diesem Schreiben einen neuen Abschn. 12.18 UStAE ein.

Tipp der Redaktion: In der Praxis werfen die Neuregelungen eine Vielzahl von Fragen auf. Antworten werden im  Online-Seminar „Besteuerung von Photovoltaikanlagen: Alles auf Neustart!“ am 05.04.2023 gegeben.

Das vom BMF veröffentlichte Schreiben zur Anwendung des sog. Nullsteuersatzes für Photovoltaikanlagen ist in zwei Bereiche untergliedert:

  • Zuerst stellt die Finanzverwaltung neben einer kurzen Einführung insbesondere die Folgen für die unentgeltliche Wertabgabe aus einer Photovoltaikanlage sowohl für die Altanlagen (Lieferung bis 31.12.2022) und für die Neuanlagen (Lieferung ab dem 1.1.2023) dar. Hintergrund dafür dürfte sein, dass z. T. in der bisher veröffentlichten Literatur dazu unterschiedliche Aussagen getroffen wurden.
  • In einem zweiten Teil werden dann Änderungen und Ergänzungen im UStAE vorgenommen, die wichtige Einzelfragen im Zusammenhang mit der Neuregelung beantworten.

Unentgeltliche Wertabgaben

Für die Photovoltaikanlagen, die bis zum 31.12.2022 geliefert (abgenommen) wurden und für die der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG geltend gemacht hat, muss der private Verbrauch von Strom nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b UStG der Besteuerung als Lieferung gegen Entgelt unterworfen werfen. Die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe erfolgt systematisch, um den Vorsteuerabzug entsprechend auszugleichen. Zutreffend stellt die Finanzverwaltung fest, dass bei den Anlagen, die ab dem 1.1.2023 geliefert wurden, für einen solchen systematischen Ausgleich eines vorherigen Vorsteuerabzugs keine Notwendigkeit besteht. Selbst wenn der Leistungsempfänger die Kleinunternehmerbesteuerung nicht anwendet oder nicht anwenden kann, kommt es in diesen Fällen nicht zu einer Besteuerung einer Wertabgabe.

Wichtig: Die Finanzverwaltung gibt für dieses Ergebnis als Rechtsgrundlage an, dass „die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG nicht vorliegen“. Gesetzlich ist dies aus § 3 Abs. 1b Satz 2 UStG abzuleiten, da eine Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe (als Lieferung) nur dann erfolgen kann, wenn der Gegenstand oder seine Bestandteile ganz oder teilweise einen Vorsteuerabzug zugelassen hatten. Kommt der Nullsteuersatz nach § 12 Abs. 3 UStG zur Anwendung kann sich kein Vorsteuerabzug (auch nicht im Rahmen einer Fiktion) ergeben, sodass es nicht zur Besteuerung einer unentgeltlichen Ausgangsleistung kommen kann.

Auch die Entnahme oder unentgeltliche Übertragung einer Anlage kann zu umsatzsteuerrechtlichen Folgen i. S. d. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 3 UStG führen. In diesen Fällen ist ebenfalls zwischen Altanlagen und Neuanlagen zu unterscheiden.

  • Bei den Neuanlagen – Anlagen, die ab dem 1.1.2023 erworben wurden – führt die Entnahme oder unentgeltliche Lieferung nicht zu einem steuerbaren Umsatz, da kein Vorsteuerabzug (§ 3 Abs. 1b Satz 2 UStG) erfolgt war.
  • Bei den Altanlagen – Anlagen, die bis zum 31.12.2022 erworben wurden – führt eine entgeltliche wie auch unentgeltliche Veräußerung zu einem steuerbaren Umsatz, der dann aber nach § 12 Abs. 3 UStG einem Steuersatz von 0 % unterliegt, wenn es sich dem Grunde nach um eine begünstigte Anlage handelt und die Leistung ab dem 1.1.2023 an den Betreiber ausgeführt wird.
Wichtig: Zu beachten ist dabei aber, dass sowohl die entgeltliche als auch unentgeltliche Übertragung zumindest in den Fällen, in denen der Erwerber weiterhin Strom einspeist und damit als Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens tätig wird, als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG – dies gilt sowohl für entgeltlich als auch für unentgeltliche Vorgänge) anzusehen ist. In diesen Fällen tritt der Erwerber in die Rechtsposition des Veräußerers ein – auch für Zwecke der Vorsteuerberichtigung (§ 15a Abs. 10 UStG).  Wenn dann der Erwerber bei den Altanlagen – anders als der Veräußerer – die Kleinunternehmerbesteuerung anwendet, muss innerhalb des maßgeblichen Vorsteuerberichtigungszeitraums eine Vorsteuerberichtigung (§ 15a Abs. 7 UStG) vorgenommen werden.

Bei den Altanlagen (Anschaffung/Abnahme bis zum 31.12.2022) verbleibt es weiterhin bei der Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe („Eigenverbrauch“), soweit Strom für nichtunternehmerische Zwecke verwendet wird. Die Entnahme einer solchen Altanlage führt zu einem steuerbaren Umsatz, der dann aber nach § 12 Abs. 3 UStG einem Steuersatz von 0 % unterliegt, wenn es sich dem Grunde nach um eine begünstigte Anlage handelt und die Leistung ab dem 1.1.2023 an den Betreiber ausgeführt wird.

Problematisch ist die Aussage der Finanzverwaltung, dass eine Entnahme der (gesamten) Anlage nur möglich ist, wenn zukünftig voraussichtlich mehr als 90 % des erzeugten Stroms für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden. Hiervon ist auszugehen, wenn der Betreiber beabsichtigt, zukünftig mehr als 90 % des mit der Anlage erzeugten Stroms für unternehmensfremde Zwecke zu verwenden. Davon ist aus Vereinfachungsgründen insbesondere auszugehen, wenn ein Teil des mit der Photovoltaikanlage erzeugten Stroms z. B. in einer Batterie gespeichert wird. Ausreichend ist auch, wenn eine Rentabilitätsrechnung eine Nutzung für unternehmensfremde Zwecke von über 90 % nahelegt. Die Entnahme nur eines Teils einer ursprünglich zulässigerweise dem Unternehmen zugeordneten PV-Anlage soll nicht in Betracht kommen.

Änderung des UStAE: Geschäftsveräußerung im Ganzen

Die Finanzverwaltung hat an verschiedenen Stellen den UStAE ergänzt und hat insbesondere einen neuen Abschn. 12.18 UStAE eingeführt, der insgesamt 10 Absätze umfasst. In einem neuen Abschn. 1.5 Abs. 10 UStAE werden Hinweise dazu aufgenommen, dass der Verkauf oder die unentgeltliche Übertragung einer Photovoltaikanlage unter den weiteren Bedingungen zu einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung führt. Der Erwerber tritt dann an die Stelle des Veräußerers.

Hinweis: Eine Gestaltung für die Altanlagen, die vor dem 1.1.2023 erworbene Anlage an einen Ehepartner zu veräußern und dann bei dem erwerbenden Ehepartner die Kleinunternehmerbesteuerung anzuwenden, führt deshalb zu erheblichen steuerlichen Nachteilen. Die Veräußerung würde als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung zwar keine Umsatzsteuer auslösen, der Erwerber tritt aber in die Rechtsposition des Veräußerers ein, sodass sich durch den Wechsel zur Kleinunternehmerbesteuerung eine Änderung der Verhältnisse i. S. d. § 15a Abs. 7 UStG ergibt.

Änderung des UStAE: Unentgeltliche Wertabgaben

Abschn. 3.2 UStAE wird um einen neuen Abs. 3 ergänzt, in dem die Finanzverwaltung die Rechtsfolgen einer unentgeltlichen Wertabgabe darstellt. Dabei ist zwischen Altanlagen und Neuanlagen zu unterscheiden:

  • Altanlage: War der Betreiber der Anlage (Unternehmer) beim Erwerb der Anlage ganz oder teilweise zu einem Vorsteuerabzug berechtigt   (bei Lieferung der Anlage bis zum 31.12.2022), unterliegt auch weiterhin die private Nutzung des Stroms, aber auch die Entnahme oder jede andere Änderung (soweit nicht als Geschäftsveräußerung nicht steuerbar) der Umsatzsteuer. Unter den weiteren Voraussetzungen kann dann aber nur für die Lieferung der Anlage, nicht für die Lieferung des Stroms – auch wieder der „neue“ Nullsteuersatz zur Anwendung kommen. Eine Entnahme des gesamten Gegenstands ist nur dann möglich, wenn zukünftig voraussichtlich mehr als 90 % des Gegenstands für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden. Die Entnahme nur eines Teils eines ursprünglich zulässigerweise dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands ist danach nicht möglich.
  • Neuanlage: War der Betreiber der Anlage (Unternehmer) beim Erwerb nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, ist sowohl die unentgeltliche Wertabgabe von Strom („Eigenverbrauch“) als auch die Entnahme kein steuerbarer Umsatz.

Änderung des UStAE: Nullsteuersatz

In einem neuen Abschn. 12.18 UStAE werden die Anwendungsgrundsätze für den neuen Nullsteuersatz nach § 12 Abs. 3 UStG dargestellt:

Lieferung einer Photovoltaikanlage

Begünstigt ist die Lieferung der Photovoltaikanlage ab dem 1.1.2023.

Zu beachten ist, dass auch hier die Nebenleistungen das Schicksal der Hauptleistung teilen. Zu den Nebenleistungen der Lieferung der Photovoltaikanlage zählen u. a. die Übernahme der Anmeldung in das MaStR, die Bereitstellung von Software zur Steuerung und Überwachung der Anlage,  die Montage der Solarmodule, die Kabelinstallationen, die Lieferung und der Anschluss des Wechselrichters oder des Zweirichtungszählers, die Lieferung von Schrauben und Stromkabeln und die Herstellung des AC-Anschlusses, soweit dies von einem Unternehmer gegenüber dem Betreiber geschuldet wird. Aber auch die Bereitstellung von Gerüsten, Lieferung von Befestigungsmaterial, Erneuerung des Zählerschranks, wenn dies vom Netzbetreiber gefordert oder für den Betrieb der PV-Anlage notwendig ist.

Die Vermietung einer Photovoltaikanlage stellt keine Lieferung dar und ist deshalb nicht begünstigt.

Wichtig: Abgrenzungsprobleme können sich bei Leasing- oder Mietkaufverträgen ergeben. In diesen Fällen ist nach den allgemeinen umsatzsteuerrechtlichen Regelungen – die nicht den ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen entsprechen – zu prüfen, ob es sich um eine Lieferung (Verschaffung der Verfügungsmacht) oder um eine sonstige Leistung (Vermietungsleistung) handelt. Eine Lieferung setzt in diesen Fällen grds. voraus, dass der Betreiber eine Kaufoption hat, den Verkehrswert der Anlage einschließlich der Finanzierungskosten gezahlt hat und bei Ausübung der Kaufoption zusätzlich keine erhebliche Summe mehr entrichten muss (vgl. dazu auch Abschn. 3.5 Abs. 5 UStAE).

Handelt es sich im Einzelfall bei einem Miet- oder Leasingfall um die Lieferung einer Photovoltaikanlage, unterliegt diese ab dem 1.1.2023 dem Nullsteuersatz nach § 12 Abs. 3 UStG. Es muss aber beachtet werden, dass regelmäßig in den monatlichen Miet- oder Leasingraten auch Teile für eigenständige Serviceleistungen enthalten sind (z. B. Wartungsarbeiten, die Einholung von behördlichen Genehmigungen, die Versicherung der Photovoltaikanlage).

In diesen Fällen muss eine Aufteilung in die dem Nullsteuersatz unterliegenden Entgeltanteile für die Anlage und die dem Regelsteuersatz unterliegenden weiteren Leistungen vorgenommen werden. Soweit keine sachgerechte Aufteilung im Vertrag vorgenommen wird, soll eine Aufteilung nach einer internen Kalkulation vorgenommen werden. Es wird aber von der Finanzverwaltung im Rahmen einer Vereinfachungsregelung nicht beanstandet, wenn der Unternehmer von den Miet- oder Leasingentgelten pauschalierend ein Verhältnis von 90 % für die Überlassung der Photovoltaikanlage und 10 % für die eigenständigen Serviceleistungen ansetzt. In dem Entwurf des BMF war an dieser Stelle noch von einer Aufteilung von 80:20 ausgegangen worden.

Eine Klarstellung hat die Finanzverwaltung zu den sog. „Bauträgerfällen“ vorgenommen (Abschn. 12.18 Abs. 1 Satz 5 und 6 UStAE): Dem Nullsteuersatz unterliegen grundsätzlich auch die Lieferungen von sog. Aufdachanlagen durch Bauträger. Dies gilt auch, wenn der Bauträger neben der Aufdachanlage auch das Gebäude liefert, da die Lieferung der Aufdachanlage hierzu eine eigenständige Leistung und keine unselbstständige Nebenleistung darstellt.

Betreiber einer Photovoltaikanlage

Unter den Nullsteuersatz nach § 12 Abs. 3 UStG kann nur die Lieferung an den Betreiber der Photovoltaikanlage fallen. In der Lieferkette vorausgehende Lieferungen unterliegen dem Regelsteuersatz. Betreiber sind die natürlichen Personen, juristischen Personen oder Personenzusammenschlüsse, die dem Grunde nach zum Leistungszeitpunkt als Betreiber im MaStR (Marktstammdatenregister) registrierungspflichtig sind oder voraussichtlich registrierungspflichtig werden.

Hinweis: Für die voraussichtliche Registrierung genügt es, wenn die Anlage unmittelbar an das Stromnetz angeschlossen werden soll – auf eine tatsächliche Einspeisung oder Förderung nach dem EEG kommt es nicht an. Auch die Unternehmereigenschaft des Betreibers ist nicht Voraussetzung für die Anwendung des Nullsteuersatzes.

Die tatsächliche Registrierung im MaStR (z. B. im Falle von Steckersolargeräten, sog. Balkonkraftwerke) ist für die Betreibereigenschaft nicht maßgeblich.

Besteht keine Registrierungspflicht im MAStR, ist aus Vereinfachungsgründen davon auszugehen, dass der Leistungsempfänger Betreiber der Photovoltaikanlage ist. Nachträgliche Änderungen in der Person des Betreibers sollen unerheblich sein.

Belegenheitsvoraussetzungen

Die Begünstigung setzt voraus, dass die Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen oder bestimmten öffentlichen Gebäuden, die dem Gemeinwohl dienen, errichtet ist. Dabei sind die folgenden Punkte zu beachten:

  • Wohnung/Privatwohnung ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird (auch auf Freizeitgrundstücken, z. B. Lauben – auf Wohnwagen oder Wohnschiffen nur, wenn sie nicht oder nur gelegentlich fortbewegt werden).
  • Öffentliche und andere Gebäude, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, liegen vor, wenn das jeweilige Gebäude für steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 11b, 14 -18, 20-25, 27 und 29 oder § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG oder für hoheitliche Tätigkeiten verwendet wird.

In der Nähe eines begünstigten Gebäudes ist eine Photovoltaikanlage errichtet, wenn sie auf dem Grundstück installiert ist (z. B. auf der Garage, Gartenschuppen) oder ein räumlicher oder funrktionaler Nutzungszusammenhang (z. B. einheitlicher Gebäudekomplex oder einheitliches Areal) besteht. Auch Container können den für die Anwendung des Nullsteuersatzes erforderlichen Gebäudebegriff erfüllen, soweit die übrigen Voraussetzungen vorliegen (z. B. Schulcontainer, die für hoheitliche Tätigkeiten, etwa zur Auslagerung von Schulklassen wegen Sanierungsarbeiten, genutzt werden). Die Frage des Zusammenhangs mit einem „begünstigten Gebäude“ ist aber nur relevant, wenn es sich um eine Photovoltaikanlage von mehr als 30 kW (peak) handelt.

Besonderheiten bestehen bei PV-Anlagen, die auf Gebäuden errichtet werden, die sowohl für begünstigte als auch für nicht begünstigte Zwecke verwendet werden (z. B. auf einem sowohl gewerblich als auch für Mietwohnzwecke genutzten Gebäude). Es ist in diesen Fällen von einem grundsätzlich begünstigten Gebäude auszugehen. Dies soll nur dann nicht gelten, wenn die unschädliche Nutzung eindeutig hinter der schädlichen Nutzung zurücktritt (z. B. Hausmeisterwohnung in einem Gewerbekomplex) oder wenn die unschädliche Nutzung weniger als 10 % der Gesamtgebäudenutzfläche beträgt. Hier war die Finanzverwaltung im Entwurf des BMF-Schreibens noch davon ausgegangen, dass die Beurteilung nach der überwiegenden Nutzung erfolgen sollte.

Vereinfachungsregelung

Beträgt die installierte Bruttoleistung der Anlage nicht mehr als 30 kW (peak) nach dem MaStR gelten die Voraussetzungen des Zusammenhangs mit einem begünstigten Gebäude als erfüllt (Fiktion). In diesem Fall kommt es nicht darauf an, an oder in der Nähe welchen Gebäudes die Anlage errichtet wird. Die Fiktion erstreckt sich aber nicht auf die Betreibereigenschaft des Leistungsempfängers.

Wichtig: Damit unterliegt auch eine Photovoltaikanlage auf einem Werkstattgebäude etc. dem Nullsteuersatz, wenn die Anlage nicht mehr als 30 kW (peak) hat. Die Grenze ist jeweils einheitenbezogen zu prüfen. Im Entwurf des BMF war hier noch von einer anlagenbezogenen Prüfung ausgegangen worden.

Erfolgt eine nachträgliche Erweiterung einer Photovoltaikanlage, ist die Leistung der bestehenden Einheit mit der der Erweiterung zu addieren. Wird die 30 kW-Grenze durch die Erweiterung überschritten, ist die Vereinfachungsregelung auf den nachträglich ergänzten Teil nicht anwendbar. Für den bereits bestehenden Teil führt dies jedoch nicht zur nachträglichen Nichtanwendbarkeit der Vereinfachungsregelung.

Erfolgt keine Eintragung ins MaStR, ist die Vereinfachungsregelung nicht anwendbar, in bestimmten Fällen kann es hier aber auch zu weiteren Vereinfachungen kommen (s. unten unter „Solarmodule und Speicher“).

Nachweis

Der Unternehmer, der den Nullsteuersatz anwendet, muss die entsprechenden Voraussetzungen nachweisen. Dies gilt nicht nur für die Lieferung der Anlage, sondern entsprechend auch für nachträgliche Lieferungen von Speichern, wesentlichen Komponenten und Ersatzteilen. Ausreichend für den Nachweis ist es, wenn der Erwerber erklärt, dass

  • er Betreiber der Photovoltaikanlage ist und
  • es sich entweder um ein begünstigtes Gebäude handelt oder die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut MaStR nicht mehr als 30 kW (peak) beträgt oder betragen wird.

Die Erklärung kann sich auch aus dem Vertrag ergeben.

Solarmodule und Speicher

Dem Nullsteuersatz unterliegen netzgebundene Anlagen und nicht-netzgebundene Anlagen (Off-Grid-System; ist nicht an das öffentliche Netz angeschlossen), wenn sie stationär betrieben werden (sog. Inselanlagen).

Aus Vereinfachungsgründen ist davon auszugehen, dass Solarmodule mit einer Leistung ab 300 Watt für netzgekoppelte oder stationäre Inselanlagen eingesetzt werden. Im Entwurf des BMF war hier noch von 500 Watt ausgegangen worden. Beträgt die Leistung der Photovoltaikanlagen nicht mehr als 600 Watt, entfällt die besondere Nachweispflicht, dass es sich um eine begünstigte Anlage handelt; auch die Betreibereigenschaft des Leistungsempfängers wird unterstellt. Dies aber gilt nicht für Lieferungen durch Hersteller von Photovoltaikanlagen und Lieferungen im Großhandel. Stationäre Solarmodule, die neben der Stromerzeugung weitere unbedeutende Nebenzwecke erfüllen, sind ebenfalls begünstigt (z. B. Solartische). Ebenso sind Hybridmodule (produzieren sowohl Strom als auch Warmwasser) begünstigt.

Batterien und Speicher unterliegen dem Nullsteuersatz, wenn sie im konkreten Anwendungsfall ausschließlich zum Speichern von Strom aus begünstigten Anlagen bestimmt sind. Nachträgliche Änderungen der Nutzung von Batterien und Speicher sind unerheblich.

Wesentliche Komponenten

Dem Nullsteuersatz unterliegen seit dem 1.1.2023 auch „wesentliche Komponenten“. Dies sind Gegenstände, deren Verwendungszweck speziell im Betrieb oder der Installation von Photovoltaikanlagen liegt oder die zur Erfüllung technischer Normen notwendig sind. Auch. Auch die Lieferung einzelner dieser „wesentlichen Komponenten“ unterliegt dem Nullsteuersatz, wenn die Anlage die allgemeinen Voraussetzungen erfüllt.

Als wesentliche Komponenten zählt die Finanzverwaltung:

  • Wechselrichter,
  • Dachhalterung,
  • Energiemanagement-System,
  • Solarkabel,
  • Wieland-Steckdose (Einspeisesteckdose),
  • Funk-Rundsteuerungsempfänger,
  • Backup-Box und
  • der Notstromversorgung dienende Einrichtungen.

Keine wesentlichen Komponenten sind Zubehör (z. B. Schrauben, Nägel und Kabel), auch wenn es für die Installation der Anlage notwendig ist. Soweit aber dem Grunde nach nicht wesentliche Komponenten im Rahmen eines einheitlichen Umsatzes verwendet werden, liegt eine einheitliche Leistung vor, die dem Nullsteuersatz unterliegt.

Installation einer Photovoltaikanlage

Auch die Installation einer dem Grunde nach begünstigten Anlage unterliegt ab dem 1.1.2023 dem neuen Nullsteuersatz nach § 12 Abs. 3 UStG. Dazu gehören alle photovoltaikanlagenspezifischen Arbeiten, die ausschließlich dazu dienen, die Anlage sicher zu betreiben (z. B. Elektroarbeiten). Auch diese Leistungen müssen direkt gegenüber dem Betreiber erbracht werden; Leistungen von Subunternehmern an andere Handwerker unterliegen damit der Regelbesteuerung. Hier kann es aber zur Anwendung der Reverse-Charge-Regelung nach § 13b Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 UStG kommen.

Arbeiten, die auch anderen Stromverbrauchern oder Stromerzeugern oder anderen Zwecken zugutekommen (z. B. Erweiterung des Zählerschrankes, Bodenarbeiten, Dacharbeiten), unterliegen nicht dem Nullsteuersatz. Wenn aber von einem Unternehmer im Rahmen einer einheitlichen Leistung eine Photovoltaikanlage errichtet wird und auch eine zum Betrieb notwendige Erweiterung des Zählerschranks durchgeführt wird, liegt eine einheitliche Leistung vor, die insgesamt dem Nullsteuersatz nach § 12 Abs. 3 UStG unterliegt.

Konsequenzen für die Praxis

Die Regelung war nach der Gesetzesbegründung des Jahressteuergesetzes 2022 als Vereinfachungsregelung gedacht. Unternehmer, die nur eine Photovoltaikanlage betreiben, sollten dazu gebracht werden, zukünftig die Kleinunternehmerbesteuerung anzuwenden und nicht wegen eines Vorsteuerabzugs aus der Anschaffung der Anlage auf die Anwendung des § 19 UStG zu verzichten.

Es ergeben sich für die Neuanlagen ab dem 1.1.2023 aber auch wirtschaftliche Vorteile, da der Eigenverbrauch des dezentral genutzten Stroms im Ergebnis keiner Umsatzsteuer mehr unterliegt – damit findet im Ergebnis ein unbesteuerter inländischer Endverbrauch statt. Ob dies ein gewolltes Ergebnis ist, nur hingenommen wurde oder gar nicht bedacht wurde, ist unerheblich, da sich nach den derzeitigen systematischen Regelungen keine andere Lösung ergibt.

Betreiber von „Neuanlagen“ im Vorteil

Damit sind die Betreiber von „Neuanlagen“ gegenüber den Betreibern von „Altanlagen“ wirtschaftlich im Vorteil. Betreiber von Altanlagen sollten aber vorsichtig sein, vorschnell Änderungen vorzunehmen (z. B. Übertragung an nahestehende Person).

Entnahme der Altanlagen

Ob die Finanzverwaltung aber mit ihrer restriktiven Haltung bezüglich der Entnahmemöglichkeit der Altanlagen aus dem Unternehmen systematisch richtig liegt, kann bezweifelt werden. Leider hat sie es versäumt, ihre schon im Entwurf des BMF-Schreibens eingenommene Haltung trotz detailliert vorgetragener Bedenken anzupassen.

Zum einen besteht für die Sichtweise der Finanzverwaltung keine systematische oder gesetzliche Grundlage – bei Gegenständen, die sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch genutzt werden, besteht ein Zuordnungswahlrecht, dann muss auch ein Entnahmewahlrecht bestehen. Wenn dann die Entnahme dem Nullsteuersatz unterliegt, ist dies systematisch hinzunehmen. Bisher war es in der Vergangenheit auch kein „Problem“, wenn ein Gegenstand beim Kauf z. B. 16 % Vorsteuer auslöste, bei einer Entnahme aber zu 19 % Umsatzsteuer führte.

Hinweis: Es besteht auch keine „moralische“ oder wirtschaftliche Begründung für die Sichtweise der Finanzverwaltung – ob einem Unternehmer „null“ Umsatzsteuer berechnet wird oder ihm 19 % Umsatzsteuer berechnet wurde, die er als Vorsteuer abgezogen hat, ist wirtschaftlich identisch. Insoweit wäre die Entnahme einer Altanlage mit einer „Nullsteuer“ auch kein Steuergeschenk, sondern lediglich die wirtschaftliche Gleichstellung von Alt- und Neuanlagen.

Die Besteuerung der Entnahme einer Altanlage – und dies wird jeden Betreiber betreffen, der in den letzten 5 Jahren die Anlage erworben hat und deshalb nicht in die Kleinunternehmerbesteuerung wechseln kann – wird von den Gerichten zu klären sein, die Finanzverwaltung hat hier unnötigerweise eine Chance vertan.

Sog. „Bauträgerfälle“

Systematisch zu hinterfragen ist auch die Aussage der Finanzverwaltung zu den sog. „Bauträgerfällen“, die sie noch in das endgültige Schreiben mit aufgenommen hat. Die Finanzverwaltung stellt hierzu fest, dass die Lieferung der Aufdachanlage zu der Lieferung des Gebäudes eine eigenständige Leistung und keine unselbstständige Nebenleistung darstellt.

Dies lässt sich zumindest nicht so richtig in Einklang mit der erst von der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben v. 20.10.2022, BStBl 2022 I S. 1497, zur Frage der Vorsteueraufteilung getroffenen Aussage bringen, dass die Kosten für die Photovoltaikanlage unter den Voraussetzungen des Abschn. 15.17 Abs. 6 UStAE Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Gebäudes darstellen. Es ist zumindest diskussionswürdig, wenn zwischen denselben Vertragsparteien bei dem leistenden Unternehmer zwei getrennte Leistungen vorliegen sollen, beim Leistungsempfänger es aber zu einheitlichen AHK führen soll.

Anwendung der Grundsätze

Die Grundsätze des vorliegenden BMF-Schreibens sind in allen Fällen ab dem 1.1.2023 anzuwenden. Zu beachten ist, dass es weder auf die Rechnungstellung, die Auftragserteilung, die Zahlung o. ä. ankommt. Sind bis im Jahr 2022 schon Anzahlungen geleistet worden, ist die Leistung aber erst ab dem 1.1.2023 ausgeführt worden, ist eine Umsatzsteuer aus einer Anzahlung anzurechnen.

Im Regelfall wird bei der Installation einer Photovoltaikanlage der Auftrag an einen Unternehmer erteilt werden – in diesem Fall liegt eine Werklieferung (§ 3 Abs. 4 UStG) vor, die mit Abnahme der Anlage ausgeführt wird.

Eine (kleine) Nichtbeanstandungsregelung hat die Finanzverwaltung aber noch für die Fälle der als Lieferung anzusehenden Miet- oder Leasingverträge aufgenommen, bei denen die einheitliche Miet- oder Leasingzahlung in einen Anteil aufzuteilen ist, der dem Nullsteuersatz unterliegt und einen Anteil, der dem Regelsteuersatz unterfällt. In diesen Fällen wird es nicht beanstandet, wenn die Aufteilung (90:10) erst ab dem 1.4.2023 vorgenommen wird.

 BMF, Schreiben v. 27.2.2023, III C 2 – S 7220/22/10002 :010

Quelle: Umsatzsteuer: BMF zu Photovoltaikanlagen und Nullsteuersatz | Steuern | Haufe

Aufteilung eines Kaufpreises auf Grund und Boden und Gebäude

Das FG Münster entschied zu einer Kaufpreisaufteilung und die Berücksichtigung der vereinbarten Anschaffungskosten bei der Besteuerung. Dabei ging es insbesondere um den Verdacht, ob die Vereinbarungen der Vertragsparteien über Einzelpreise für Einzelwirtschaftsgüter die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs erfüllen.

Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag

Vor dem FG Münster wurde folgender Fall verhandelt: Im Streitfall ging es bei dem Erwerb einer der Einkünfteerzielung dienenden, bebauten Immobilie um die Ermittlung des nicht abschreibbaren Werts des Grund und Bodens. Im notariellen Kaufvertrag wurde ein Bodenwert von 400.000 EUR angesetzt. Nach den Feststellungen eines vom Finanzamt beauftragten Gutachters betrug der Bodenwert zum Zeitpunkt des Übergangs jedoch 1.041.000 EUR und damit bestand eine Abweichung des Werts nach Parteivereinbarung zum gutachterlich festgestellten Wert von mehr als 60 %. Das Finanzamt ermittelte daher die AfA-Bemessungsgrundlage unter Ansatz des vom Gutachter ermittelten Bodenwert.

Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO

Bei einer im Kaufvertrag vorgenommenen Kaufpreisaufteilung sind die vereinbarten und bezahlten Anschaffungskosten grundsätzlich auch der Besteuerung zugrunde zu legen. Vereinbarungen der Vertragsparteien über Einzelpreise für Einzelwirtschaftsgüter binden allerdings nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, der Kaufpreis sei nur zum Schein bestimmt worden oder die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs im Sinne von § 42 AO seien gegeben.

Zweifel an der vertraglichen Aufteilung

Um zu vermeiden, dass die Vertragsparteien die Höhe der AfA und damit der Steuer bestimmen können, muss zudem geprüft werden, ob nennenswerte Zweifel an der vertraglichen Aufteilung bestehen. Dazu muss die vertragliche Vereinbarung durch weitere Umstände, insbesondere die objektiv am Markt erzielbaren Preise bzw. Verkehrswerte, verifiziert werden. Bei dieser Prüfung rechtfertigt eine wesentliche Diskrepanz zu den Bodenrichtwerten es nicht ohne Weiteres, diese an die Stelle der vereinbarten Werte zu setzen oder die auf Grund und Gebäude entfallenden Anschaffungskosten zu schätzen. Es handelt sich aber um ein Indiz dafür, dass die vertragliche Aufteilung ggf. nicht die realen Werte wiedergibt.

Ein solches Indiz kann durch andere Indizien entkräftet werden. Solche Indizien können bei einem Gebäude besondere Ausstattungsmerkmale, dessen ursprüngliche Baukosten und etwaige Renovierungen, eine ggf. eingeschränkte Nutzbarkeit wegen bestehender Mietverträge oder der Wohnwert des Gebäudes im Kontext der Nachbarschaft (der z. B. durch Straßenlärm, soziale Einrichtungen oder besondere Ruhe wegen einer benachbarten Grünanlage geprägt sein kann) darstellen. Bei einem Grundstück können etwa eine gepflegte Gartenanlage oder störender Baumbestand besondere Umstände darstellen. Eine Korrektur der vereinbarten Aufteilung ist erst geboten, wenn sie die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint.

Abweichung von dem ermittelten Bodenwert durch einen Gutachter

Im Streitfall entschied das FG, dass die von den Vertragsparteien getroffene Aufteilung nicht der Besteuerung zugrunde zu legen war. Denn der sich nach der vertraglichen Vereinbarung ergebende Bodenwert wich erheblich von den Bodenrichtwerten und dem vom Gutachter ermittelten Bodenwert ab. Dabei sind für die Frage einer erheblichen Abweichung die Wertverhältnisse am Tag des Gefahrübergangs maßgeblich. Können die vereinbarten Kaufpreise nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden, hat sie das FG entsprechend seiner Gesamtwürdigung der Verhältnisse durch eine Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude zu ersetzen.

Das FG hat die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen, weil unterschiedliche Auffassungen über den maßgeblichen Stichtag bei einer Aufteilung der Anschaffungskosten bestehen.

FG Münster, Urteil v. 22.9.2022, 8 K 2748/20 E

Quelle: Aufteilung eines Kaufpreises auf Grund und Boden und Gebäude | Steuern | Haufe

Jahressteuergesetz 2022 (Änderungen)

Das Jahressteuergesetz 2022 ändert mit mehr als 100 Einzelregelungen quer durch das Steuerrecht eine Vielzahl von Gesetzen.

Wir haben für Sie wichtige Änderungen und Ergänzungen, die durch das Jahressteuergesetz 2022 in Kraft treten, kompakt zusammengefasst. 📋✅

Homeoffice-Pauschale:

✅ für jeden Kalendertag, an dem ausschließlich zuhause gearbeitet wird, kann ein Betrag von sechs Euro geltend gemacht werden ✅ ab 2023 maximal 1.260 Euro statt bisher 600 Euro ✅ 210 Homeoffice-Tage werden begünstigt

💡 Wichtig: Diese Regelung gilt auch, wenn kein häusliches Arbeitszimmer zur Verfügung steht.

Rentenbeiträge:

✅ volle steuerliche Berücksichtigung von Rentenbeiträgen ab 2023 (statt ab 2025) ✅ erste Schritt zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von Renten ✅ an der zeitlichen Streckung bei der Besteuerung der Renten wird gearbeitet

Arbeitnehmerpauschbetrag:

✅ Das Finanzamt gewährt zur Abgeltung von Werbungskosten automatisch einen Arbeitnehmerpauschbetrag in Höhe von 1.230 Euro (Erhöhung um 30 Euro).

Sparer-Pauschbetrag:

✅ Erhöhung des Sparer-Pauschbetrags von 801 auf 1.000 Euro pro Jahr

Ausbildungsfreibetrag:

✅ Erhöhung des Ausbildungsfreibetrags von 924 auf 1.200 Euro

Steuerlicher Entlastungsbetrag für Alleinerziehende:

✅ Anhebung um 252 Euro auf nun 4.260 Euro

Wohnungsneubau:

✅ Verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten im Wohnungsneubau durch die Erhöhung des AfA-Satzes für Fertigstellungen ab 1. Juli 2023 von zwei auf drei Prozent ✅ Möglichkeit zur Sonderabschreibung im Mietwohnungsneubau wird reaktiviert und an bestimmte Effizienzvorgaben gekoppelt

Photovoltaik-Kleinanlagen:

✅ Freistellung von der Einkommen- und Mehrwertsteuer

📲 Einen vorherigen, ausführlichen Beitrag zu diesem Thema finden Sie hier: https://www.facebook.com/kanzleiwangler/posts/562220315904710

Kapitaleinkünfte:

✅ eine ehegattenübergreifende Verlustverrechnung in der Veranlagung ist ab jetzt gesetzlich möglich

🖥️ Weitere wichtige Änderungen im Einkommensteuergesetz, Umsatzsteuergesetz und weiteren Steuergesetzen finden Sie in diesem Beitrag:

https://www.haufe.de/steuern/gesetzgebung-politik/jahressteuergesetz-2022-jstg-2022_168_572028.html

📄 Die Pressemitteilung der Bundesregierung zum Jahressteuergesetz 2022 mit kompakten Informationen können Sie hier lesen:

https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/jahressteuergesetz-2022-2125578

Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen sind steuerpflichtig

Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen sind steuerpflichtig.

So entschied das Finanzgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 11. Juni 2021 (Az. 5 K 1996/19). Die Revision ist beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig. Das Aktenzeichen beim BFH ist noch nicht bekannt.

Der Kläger erklärte in seiner Einkommensteuererklärung für 2017 Gewinne aus dem Handel mit Kryptowährungen. Den Handel betrieb sein Sohn treuhänderisch für ihn. Der Kläger hatte sich mit einer Geldzahlung am Portfolio seines Sohnes beteiligt. Der Sohn handelte auch treuhänderisch für seine Mutter und in seinem eigenen Namen. Eltern und Sohn waren sich über die jeweiligen Beteiligungsquoten an dem Gesamtdepot einig. Der Sohn kaufte zunächst mit US Dollar (USD) die Kryptowährung Bitcoin. Mit Teilen der Bitcoin-Bestände handelte er direkt, andere nutzte er zum Erwerb weiterer Kryptowährungen. Er war hierzu bei sechs internetbasierten Handelsplattformen angemeldet. Er erwarb und veräußerte Kryptowährungen innerhalb eines Jahres. Die Gewinne berücksichtigte der Beklagte als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. Der Kläger legte Einspruch ein. Es liege kein „anderes Wirtschaftsgut“ und damit kein Veräußerungsgeschäft vor. Kryptowährungen seien kein Wirtschaftsgut. Außerdem gebe es bei der Besteuerung von Einkünften aus dem Handel mit Kryptowährungen ein strukturelles Vollzugsdefizit, das dem Gesetzgeber zurechenbar sei. Eine Besteuerung hänge von der Erklärungsbereitschaft des Steuerpflichtigen ab. Mitteilungspflichten über den Übergang von Bitcoin und anderen Kryptowährungen von oder auf einen Steuerpflichtigen gebe es nicht. Eine Kryptobörse unterliege nicht dem automatisierten Kontenabruf.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg wies die Klage ab. Die Gewinne des Klägers seien sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. Kryptowährungen seien immaterielle Wirtschaftsgüter. Der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsguts sei weit zu fassen und auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen. Er umfasse „sämtliche vermögenswerten Vorteile, deren Erlangung sich der Steuerpflichtige etwas kosten lässt“, „die einer selbständigen Bewertung zugänglich sind“ und der „Erwerber des gesamten Betriebs in dem Vorteil einen greifbaren Wert sehen würde“. Der Kläger habe beim Erwerb der Kryptowährungen zumindest einen vermögenswerten Vorteil erlangt. Im Blockchain der Kryptowährung werde dem Kläger verbindlich ein Anteil an der Währung zugerechnet. Dieser stehe ihm, dem Inhaber des öffentlichen und des privaten Schlüssels, zu und sei mit der Chance auf Wertsteigerung sowie dem Einsatz als Zahlungsmittel verbunden. Die Kryptowährung sei einer gesonderten Bewertung zugänglich. Deren Wert werde anhand von Angebot und Nachfrage ermittelt. Der Kläger habe aus Kurssteigerungen Gewinne erzielt. Kryptowährungen seien übertragbar. Dies zeige deren Handel an speziellen (Internet-)Börsen. Die technischen Details der Kryptowährungen seien für die rechtliche Bewertung des Wirtschaftsguts nicht entscheidend.

Ein strukturelles Vollzugsdefizit liege nicht vor, auch wenn sich die meisten Handelsplattformen für Kryptowährungen im Ausland befänden. Bei Sachverhalten mit Auslandsbezug sei die Finanzverwaltung grundsätzlich auf eine erhöhte Mitwirkung der Steuerpflichtigen angewiesen. Nationalstaatliche Souveränität könne der deutsche Gesetzgeber nicht verändern. Zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe sowie Sammelauskunftsersuchen zur Einholung der erforderlichen Auskünfte bei Internethandelsplattformen seien möglich. Kryptobörsen seien als multilaterales Handelssystem Finanzdienstleistungsinstitute. „Als solches unterliegen sie der Identifizierungspflicht“. Betreibe die Kryptobörse auch Finanzkommissionsgeschäfte, sei sie sogar ein Kreditinstitut und unterliege somit dem Kontenabruf. Auch wenn sich private Veräußerungsgeschäfte mit Kryptowährungen, die es im Streitjahr erst seit ca. 8 Jahren gebe, nur schwer aufdecken ließen, reiche dies für sich alleine noch nicht zur Begründung eines strukturellen Vollzugsdefizits aus. Der Gesetzgeber könne nicht auf jede (technische) Neuerung sofort regulatorisch reagieren. Er dürfe zunächst deren Entwicklung abwarten und müsse „erst dann reagieren, wenn sich gravierende Missstände zeigen“. Solche habe es bis zum Streitjahr nicht gegeben.

Die Revision wurde zugelassen, da die entscheidungserheblichen Fragen noch nicht
höchstrichterlich entschieden seien.


Quelle: Finanzgericht BW – PM 6/2021 (justiz-bw.de)